
Am Sonntag fanden in Ecuador Präsidentschaftswahlen statt, die von einem angespannten politischen Klima und einer besorgniserregenden Sicherheitslage geprägt waren. Die Stimmung unter den Wählern war angespannt, und in der ersten Wahlrunde erzielte der Amtsinhaber Daniel Noboa 44,17 % der Stimmen, während seine Herausforderin Luisa González mit 44 % nur knapp hinter ihm lag. Diese Wahl ist eine Wiederholung der vorgezogenen Wahl aus dem Oktober 2023, die Noboa eine 16-monatige Präsidentschaft einbrachte, in der er mit erheblichem Druck in Sachen Menschenrechte konfrontiert war. Al Jazeera berichtet, dass viele Wähler aufgrund der Unzufriedenheit mit Noboa, der autoritäre Züge zeigt und für seine Menschenrechtsverletzungen kritisiert wird, González unterstützen könnten.
Die Wahlbeteiligung in Ecuador ist zudem gesetzlich vorgeschrieben, was den Druck auf die Wähler erhöht. Bei der ersten Wahlrunde waren fast 9 % der Stimmen ungültig oder leer, was auf tiefe Wählerunzufriedenheit hinweist. Der politische Berater Jacobo Garcia glaubt, dass viele Wähler, die mit dem Status quo unzufrieden sind, González unterstützen könnten, nicht unbedingt wegen ihrer Kampagne, sondern aufgrund der wachsenden Frustration über Noboa. Diese Unzufriedenheit ist auch unter verschiedenen indigenen Führern spürbar, die sich, trotz vergangener Konflikte mit Correa, hinter González versammeln. AP News hebt hervor, dass die Confederation of Indigenous Nationalities of Ecuador (CONAIE) erst kürzlich eine Vereinbarung mit González abgeschlossen hat, in der sie ein 25-Punkte-Programm akzeptiert, das Dekrete der Noboa-Administration aufhebt, die als anti-indigen betrachtet werden.
Die Herausforderungen der nächsten Regierung
Der Kontext dieser Wahlen ist von einer alarmierenden Zunahme von Gewalt und Kriminalität geprägt. Ecuador kämpft seit 2019 gegen Drogengewalt, die in Geiselnahmen, Morden und Korruption mündet. So berichtet ZDF, dass das Land eine der höchsten Mordraten in Südamerika aufweist, mit 750 Morden allein im Januar 2025. Die Herausforderungen sind enorm: Beide Kandidaten versprechen strenge Maßnahmen gegen die Kriminalität, doch die Realität sieht anders aus. Noboa hat Ecuador im Januar 2024 zum „internen bewaffneten Konflikt“ erklärt, um militärische Maßnahmen gegen Gangs einzuleiten.
González, die als Mitte-Links-Kandidatin auftritt und zuvor in verschiedenen Regierungspositionen während der Präsidentschaft von Rafael Correa tätig war, hat sich für Reformen des Justizsystems und den Ausbau des Sozialstaates ausgesprochen. Jedoch wird ihre Verbindung zu Correa sowohl als Stärke als auch als Schwäche angesehen. Viele Bürger machen Correa für die aktuelle Sicherheitskrise verantwortlich. Professor Avila von der Universität Cuenca warnt: „Wahlkämpfe basieren auf Hoffnung, aber Regierungsführung erfordert Koalitionen“. Diese Koalitionen werden entscheidend sein, um die fiskalische Krise und die Herausforderungen eines gespaltenen Legislativkörpers zu bewältigen.
Im Vorfeld der Wahlen auf dem Hintergrund eines stark polarisierten Klimas signalisiert die Unterstützung von indigenen Gruppen für González eine potenzielle Mobilisierung, die über ihre Wahl hinausgeht. Die nächste Regierung wird also nicht nur die gegenwärtige Gewalt eindämmen müssen, sondern auch in einem tief gespaltenen Land die soziale Kohäsion wiederherstellen.