
In Nürnberg laufen derzeit umfangreiche archäologische Grabungen auf dem größten dokumentierten Pestfriedhof Deutschlands, der die Überreste von schätzungsweise 2.800 bis 3.000 Pestopfern birgt. Die Stadtarchäologin Melanie Langbein gab bekannt, dass die Ausstellung über die bedeutenden Ausgrabungen für den Herbst oder Winter 2023 in der Innenstadt geplant ist. Die Funde stammen aus der verheerenden Pestwelle von 1632/33 und umfassen die Überreste von etwa 3.000 Toten, die in Massengräbern beigesetzt wurden, wie PNP berichtet.
Über die letzten Monate hinweg haben Grabungsarbeiten das Bild dieser dunklen Zeit der Geschichte rekonstruiert. Die Forscher sind auf Überreste aus verschiedenen Altersgruppen gestoßen: Alte, Junge, Männer, Frauen, kleine Kinder und sogar Säuglinge sind in den Schichten übereinanderliegend entdeckt worden. Die Knochen zeigen eine auffällige grüne Verfärbung, die auf Abfälle einer ehemaligen Kupfermühle auf dem Grundstück zurückzuführen ist. Die anthropologische Auswertung dieser Überreste soll umfassende Erkenntnisse über Lebensumstände, Krankheiten und mögliche Mangelerscheinungen der Toten liefern, ergänzt durch Informationen über Geo.
Wissenschaftliche Analysen
Die Auswertung der Überreste erfolgt in einem Labor in Bamberg, wo die Knochen auf Angaben zu Größe, Geschlecht, Alter und gesundheitliche Einschränkungen untersucht werden. Besonders interessant sind die Überlegungen, Proben aus den Backenzähnen der Toten zu entnehmen, um genetische Informationen über den Pest-Erreger zu gewinnen. Dies könnte einen tiefen Einblick in die Entwicklung und Verbreitung der Pest ermöglichen. Auch Proben aus den Becken zur Erforschung von Darmparasiten werden entnommen, und ein Forensiker untersucht Insektenreste aus den Massengräbern, um den Zeitpunkt der Todesfälle zu bestimmen, wie BR anmerkt.
Die gewonnenen Informationen könnten nicht nur über die Epidemie selbst, sondern auch über die sozialen Verhältnisse und die Lebensweise während des 17. Jahrhunderts aufschlussreiche Details liefern. Reste von Kleidung und Textilien, die in den Schichten erhalten geblieben sind, geben zudem Einblicke in die Alltagskleidung jener Zeit. Bemerkenswert ist, dass die Toten nicht, wie üblich, im Leichentuch bestattet wurden, was ein weiteres Indiz für die außergewöhnlichen Umstände der Pestopfer darstellt.
Zukünftige Pläne und Herausforderungen
Die Grabungsarbeiten stehen noch am Anfang, und es wird eine längere Dauer der Forschung erwartet. Ziel ist es, das Areal bald für die geplanten Bauarbeiten freizugeben. Auf dem 5.900 Quadratmeter großen Grundstück sollen ein Pflegeheim und Seniorenwohnungen entstehen. Ob und wann die Überreste der Öffentlichkeit in einer größeren Ausstellung präsentiert werden, bleibt jedoch weiterhin unklar. Aktuelle Diskussionen über den Umgang mit menschlichen Überresten im Museumswesen verdeutlichen die Sensibilität und Komplexität dieses Themas.
Die archäologischen Funde in Nürnberg bieten nicht nur einen Einblick in die Vergangenheit, sondern könnten auch zur Heilung und zum Verständnis aktueller gesundheitlicher Herausforderungen beitragen.