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Prozess gegen Mutter: Sohn jahrelang nicht in Schule!

Am Amtsgericht Wismar muss sich eine Mutter verantworten, deren 13-jähriger Sohn jahrelang der Schule fernblieb. Die Verbindung zur Reichsbürger-Szene wirft Fragen zur Kindeswohlgefährdung auf.

Am Mittwoch muss sich eine Mutter vor dem Amtsgericht Wismar verantworten, weil ihr 13-jähriger Sohn seit Jahren nicht zur Schule geht. Der junge Mann, der in der siebten Klasse sein müsste, besucht die vorgesehen Schule in Grevesmühlen nicht. Wie die MOPO berichtet, reagierte die Mutter wiederholt nicht auf Kontaktversuche der Schule. Die Staatsanwaltschaft hat bereits zwei Strafbefehle gegen sie erlassen, doch das Prozessgeschehen zeigt, dass dies nicht die einzige rechtliche Herausforderung für die Familie ist.

Die Mutter ist laut Berichten mit der Reichsbürger-Szene verbunden, einer Bewegung, die in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus der Sicherheitsbehörden gerückt ist. Trotz einer Vorladung durch die Polizei im November ließ sich die Angeklagte nicht finden. Das Gericht hat deshalb einen Antrag der Staatsanwaltschaft zugelassen, mit dem Ziel, die Frau vorzuführen oder einen Haftbefehl zu erlassen. Polizeibeamte unternahmen mehrere Versuche, den Jungen zur Schule zu bringen, mussten jedoch feststellen, dass sie die Wohnung nicht betreten konnten. Wiederholt hat das Staatliche Schulamt Schwerin aufgrund der auffälligen Schulabwesenheit des Jungen Anzeigen wegen Kindeswohlgefährdung eingereicht.

Die Rolle der Reichsbürger-Ideologie

Die Reichsbürgerbewegung hat sich in den letzten Jahren gewandelt, wie SWR dokumentiert. Das Bild des typischen Reichsbürgers, oft männlich und mittleren Alters, ist überholt. Familien spielen mittlerweile eine zentrale Rolle, insbesondere wenn es darum geht, Parallelstrukturen aufzubauen. Innerhalb dieser Struktur werden Kinder gezielt von staatlichen Institutionen wie Schulen und Kindergärten ferngehalten, eine Taktik, die bereits im frühen Kindesalter einsetzt. Journalistinnen wie Eva Achinger und Christiane Hawranek beleuchten in einem ARD-Radiofeature, wie Kinder in dieser Parallelwelt aufwachsen und die Gefährdung des Kindeswohls diskutiert wird.

Immer wieder kommt es vor, dass Kinder aus Reichsbürgerfamilien keine Geburtsurkunden haben und dadurch nicht offiziell registriert sind. Ein Großteil dieser Kinder besucht die Schule nicht regelmäßig. Anfragen bei Verfassungsschutzämtern zeigen zahlreiche bekannte Fälle in verschiedenen Bundesländern, in denen Kinder unauffällig in die Gemeinschaft eingegliedert sind oder, wie im Fall des Jungen aus Wismar, völlig isoliert werden.

Isolation und Kindeswohlgefährdung

Ähnlich wie in Wismar erging es einer Familie im Landkreis Hof. Dort wurden die Ausweise der Eltern als unbrauchbar erklärt, und die Familie wandte sich immer mehr von staatlichen Behörden ab. Nachbarn berichten von der Radikalisierung der Eltern und der Isolation der Kinder, die ebenfalls nicht mehr die Schule besuchen. Laut dem BR wird von mehreren Behörden ein wachsendes Misstrauen gegenüber dem deutschen Staat innerhalb der Reichsbürger-Szene beobachtet. Aktivisten in sozialen Medien fördern den Rückzug von staatlichen Diensten und das Homeschooling, um ihre Ideologie an die nächste Generation weiterzugeben.

Die Problematik endet nicht bei der Schulpflicht. Inobhutnahmen durch das Jugendamt sind oftmals die Folge, wenn Behörden die Kindeswohlgefährdung erkennen, beispielsweise durch Isolation oder glaubhafte Anzeichen von Gehirnwäsche. Bürgermeister Jürgen Schnabel war bei einem Polizeieinsatz präsent, als eine Familie sich in ihrem Haus verschanzt hatte. Das Jugendamt übernahm daraufhin die Obhut der Kinder, was ein drastisches Signal für die Gesellschaft darstellt.

Die derzeitigen rechtlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen, die mit der Reichsbürgerbewegung und ihrer Auswirkung auf die nachwachsende Generation verbunden sind, stellen Behörden vor große Aufgaben. Die Frage bleibt, wie man Kinder, die in einer derartigen Parallelwelt aufwachsen, reintegrieren kann und wie weit das staatliche Eingreifen gehen darf, um das Kindeswohl zu gewährleisten.

Referenz 1
www.mopo.de
Referenz 2
www.swr.de
Referenz 3
www.br.de
Quellen gesamt
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