
Im Fall der 26-jährigen Isabell D. wird in einem neuen Gerichtsverfahren die Frage des Strafmaßes diskutiert. Sie wird beschuldigt, ihre beiden Söhne jahrelang vernachlässigt zu haben, was in einem tragischen Vorfall endete. Laut nordkurier.de starb ihr einjähriger Sohn im September 2021, während sie bei ihrem Freund war. Der Junge litt damals an Durchfall und wurde unversorgt gelassen, was zu seinem Tod durch Flüssigkeitsverlust führte.
Das Gericht hatte Isabell D. im Dezember 2023 wegen Mordes durch Unterlassen zu lebenslanger Haft verurteilt. Jedoch kassierte der Bundesgerichtshof das Urteil im Oktober 2024 aufgrund eines Revisionsantrags, behielt dabei den Schuldspruch jedoch bei. Ein neu aufgerolltes Verfahren, das sich vorrangig mit dem Strafmaß beschäftigt, prüft nun auch, ob eine mögliche Persönlichkeitsstörung das Verhalten von Isabell D. beeinflusste.
Vergangene Vernachlässigungen
Im ersten Verfahren wurde deutlich, dass Isabell D. ihre Söhne in vielfacher Hinsicht vernachlässigte. Ihr älterer Sohn wurde nur an 24 Tagen in die Kita gebracht und auch der jüngste Sohn musste zeitweise wegen Mangelernährung im Krankenhaus behandelt werden. Medienberichten zufolge lebte die Mutter einen selbstsüchtigen Lebensstil, der auf ihre eigenen Bedürfnisse fokussiert war. Ein spezifischer Vorfall am 20. September ist besonders gravierend: Isabell D. schnallte ihren kranken Sohn in einen Autositz und ließ ihn unversorgt zurück, um erst am frühen Morgen zurückzukehren und ihr totes Kind zu entdecken.
Der Bundesgerichtshof hat in früheren Entscheidungen klar dargelegt, dass die Abgrenzung zwischen aktiven Tun und Unterlassen bei Tötungsdelikten von essenzieller Bedeutung ist. Laut jura-online.de wird geprüft, ob der Tod durch aktives Tun oder durch Unterlassen herbeigeführt wurde und inwiefern dies Einfluss auf das Strafmaß hat.
Die rechtlichen Implikationen
Die komplexe Rechtslage rund um den Vorwurf der Unterlassung wirft viele Fragen auf, insbesondere im Kontext eines möglichen Verdeckungsmordes. Wie in der Analyse von strafrecht-online.org erläutert, kommt es darauf an, ob Isabell D. durch ihr Verhalten zielgerichtet die Aufdeckung einer vorangegangenen Vernachlässigung verhindern wollte. Die Abgrenzung zwischen Tun und Unterlassen ist für die Strafbarkeit und mögliche Strafmilderungen entscheidend. Dabei ist nicht unüblich, dass die Kausalitätsfeststellungen bei Unterlassungsdelikten von der Annahme abhängen, dass das Eingreifen des Täters den Tod hätte verhindern können.
Ein Urteil wird Ende Mai 2025 erwartet, und die Verhandlung findet öffentlich statt. Ein Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit wurde abgelehnt, was den Fall in den Fokus der Öffentlichkeit rückt und die Diskussion um die strafrechtliche Verantwortung von Eltern für die Fürsorgepflicht gegenüber ihren Kindern neu entfacht.