
Am Donnerstagnachmittag warteten tausende Menschen vor dem „Royal Botanic Garden“ in Sydney, um die seltene Blüte der Titankeule, wissenschaftlich bekannt als Amorphophallus titanum, zu erleben. Diese außergewöhnliche Pflanze ist berüchtigt für ihren intensiven Geruch, der an verrottendes Fleisch erinnert. Ursprünglich auf der indonesischen Insel Sumatra beheimatet, wird sie auch „Bunga Bangkai“ genannt. Die botanischen Gärten öffneten bis Mitternacht ihre Tore, um den Wartenden die Besichtigung dieser seltenen Blüte zu ermöglichen.
Die Titankeule beeindruckt nicht nur durch ihren Geruch, sondern auch durch ihre Größe. Während der Blüte kann sie einen Durchmesser von über einem Meter erreichen, während ihr Stiel bis zu drei Meter hoch werden kann. Ein ähnliches Schauspiel bot sich den Besuchern zuletzt im Jahr 2010, da die Blüte in der Regel nur alle vier Jahre erfolgt und meist nicht länger als einen Tag anhält.
Ein Seltenheitswert mit besonderen Merkmale
Amorphophallus titanum gehört zur Familie der Araceae und ist für ihren instabilen Lebenszyklus bekannt. Zunächst wächst die Pflanze aus einer schweren Knolle, die bis zu 50 kg wiegen kann und als Energiespeicher dient. In der Regel produziert sie nur ein einzelnes Blatt, das im Optimalfall bis zu sechs Meter hoch und fünf Meter breit werden kann. Wenn die Knolle genügend Energie gespeichert hat, entwickelt sie einen beeindruckenden Blütenstand, der aus einem roten, gefurchten Hüllblatt und einem Spadix besteht, der die Blüten enthält.
Ein faszinierendes Detail ist die Art und Weise, wie die Pflanze ihre Bestäuber anlockt. Während der Blütezeit kann sich der Spadix auf bis zu 37 °C erhitzen, obgleich die Temperatur normalerweise um die 20 °C liegt. Der intensiver Aasgeruch, der bei der Blüte entsteht, kann bis zu einer halben Meile (etwa 0,8 km) wahrgenommen werden. Dieser wird durch eine Kombination von chemischen Verbindungen wie Dimethyltrisulfid und Trimethylamin erzeugt, die die Aufmerksamkeit von Aas-Insekten anziehen.
Eine Pflanze mit Geschichte
Die Erstbeschreibung von Amorphophallus titanum erfolgte 1878 durch den italienischen Botaniker Odoardo Beccari. Die erste erfolgreiche Kultivierung fand 1889 in den Royal Botanic Gardens, Kew in London statt. Seitdem hat sich die Anpflanzung in botanisierenden Einrichtungen weltweit verbreitet. In den letzten Jahren hat das Interesse an dieser Pflanze zugenommen, sodass in zahlreichen botanischen Gärten, einschließlich in den USA und Deutschland, mehrere Exemplare blühen.
Im Ökologisch-Botanischen Garten der Universität Bayreuth gab es kürzlich ebenfalls eine bemerkenswerte Veranstaltung: 2024 erlebten gleich drei Titanarums eine Blüte. Die erste am 6. Juni maß 159 cm, gefolgt von einer Blüte am 20. Juni in Würzburg, die mehr als 11.000 Besucher anzog. Diese besonderen Ereignisse unterstreichen die Schwierigkeit in der Kultivierung der Titanarums, die unausweichlich einen hohen Aufmerksamkeitsgrad erfordert.
Die Titankeule bleibt somit nicht nur ein botanisches Wunder, sondern auch ein kulturelles Ereignis, das Menschen zusammenbringt, um das seltene Schauspiel der Natur zu bewundern. Die botanischen Gärten und ihre engagierten Mitarbeiter spielen eine entscheidende Rolle dabei, das Bewusstsein für solche außergewöhnlichen Pflanzen aufrechtzuerhalten.