
In der Türkei setzen sich die Proteste gegen die Regierung fort. Angeführt werden sie von Unterstützern des oppositionellen Politikers Ekrem İmamoğlu, der am 19. März verhaftet wurde. Diese Festnahme hat eine Welle der Empörung ausgelöst, die mehreren Städten des Landes ein Gesicht gegeben hat. Die Demonstranten fordern nicht nur die Freilassung İmamoğlus, sondern auch eine grundlegende Wende in der politischen Landschaft der Türkei. Dies wird durch die nachlassende Unterstützung für Präsident Recep Tayyip Erdoğan verstärkt, dessen AK-Partei in den Regionalwahlen 2024 hinter der CHP zurückblieb.
İmamoğlu, der abgesetzte Bürgermeister von Istanbul, steht heute in zwei Gerichtsverfahren vor Gericht. Ihm wird unter anderem die Beleidigung des Oberstaatsanwalts von Istanbul, Akin Gürlek, vorgeworfen. Auch Manipulationen während seiner Amtszeit als Bürgermeister von Beylikdüzü stehen zur Debatte. In beiden Verfahren drohen ihm mehrjährige Haftstrafen und ein mögliches Politikverbot. Die CHP weist die Vorwürfe als unbegründet zurück, während die Proteste gegen den Druck der Regierung anhalten. Laut Tagesschau haben die Demonstranten seit einer Pause wieder zu Kundgebungen aufgerufen. Die größte fand vergangene Woche mit mehr als zehntausend Teilnehmern in Şişli statt.
Die Situation für Demonstranten
Die Repression gegen die Demonstranten hat sich verschärft. Rund 2.000 Menschen wurden seit İmamoğlus Festnahme festgenommen. Unter ihnen befinden sich auch Journalisten, die über die Vorgänge berichten wollten. Menschenrechtsgruppen haben Alarm geschlagen und fordern ein Ende der Gewaltakte gegen friedliche Protestierende. Berichten zufolge geht die Polizei mit massiver Gewalt vor, nutzt Schlagstöcke, Pfefferspray und Wasserwerfer gegen die Menschenmassen, wie Tagesschau festgestellt hat.
Einige der letztlich inhaftierten Demonstranten wurden am vergangenen Wochenende aus dem Hochsicherheitsgefängnis Silivri entlassen, während etwa 200 weiterhin in Haft bleiben. Die CHP hat zudem eine Unterschriftenkampagne gestartet, um İmamoğlus Freilassung und vorgezogene Neuwahlen zu fordern. Özgür Özel, der wiedergewählte Parteichef, erklärte, dass die Demonstrationen einen Effekt auf die politische Dynamik des Landes haben würden. Erdoğan hingegen spricht von einem „Straßenterror“ und sieht seine Regierung unter Bedrohung, selbst als ihm vorgeworfen wird, die Justiz und Polizei gegen politische Gegner zu instrumentalisieren.
Internationale Reaktionen und der politische Kontext
Die Festnahme von İmamoğlu und die brutale Vorgehensweise der Polizei haben auch international Besorgnis ausgelöst. Das Auswärtige Amt und verschiedene Politiker sprechen von Rückschlägen für die Demokratie in der Türkei. Dies wird auch durch die Tatsache untermauert, dass die EU-Kommission bislang keine Maßnahmen in Bezug auf die Lage rund um İmamoğlu ergriffen hat. Die ohnehin angespannte Beziehung zwischen der EU und der Türkei könnte durch diese Ereignisse weiter belastet werden, zumal verlautet ist, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Freilassung des Kurdenführers Selahattin Demirtaş fordert, die Türkei jedoch ignoriert.
Es wird deutlich, dass die Türkei heute an einem Scheideweg steht. Während İmamoğlu als ernstzunehmender Rivale gegen Erdoğan gilt, spiegelt die anhaltende Welle von Protesten und Repressionen nicht nur ein gestörtes politisches Klima, sondern auch die besorgniserregende Lage der Bürgerrechte im Land wider. Die nächsten Veranstaltungen und Demonstrationen stellen einen weiteren wichtigen Test für die türkische Opposition dar und könnten entscheidend für die kommenden Wahlen sein.
Die turbulente politische Situation, die durch Vorwürfe und die Festnahme von İmamoğlu geprägt ist, lässt sowohl die Hoffnung auf Veränderung als auch die Angst vor einer weiteren Verschärfung der repressiven Maßnahmen wachsen. Die bevorstehenden Proteste in Samsun und anderen Städten werden wohl weitere Hinweise darauf liefern, wie die Bevölkerung auf die gegenwärtigen Schwierigkeiten reagiert.
Die Menschen in der Türkei haben klar gemacht, dass sie sich nicht leicht unterkriegen lassen. Mit anhaltendem Engagement gehen sie für ihre Rechte und die Freiheit ihres gewählten Politikers auf die Straße.