
In der Türkei kommt es seit mehreren Tagen zu massiven Protesten gegen die Festnahme von Ekrem Imamoglu, dem Bürgermeister von Istanbul. Die Demonstrationen fanden am vierten Abend in Folge statt und zogen Tausende von Menschen auf die Straßen, besonders in Istanbul und Ankara. Trotz eines viertägigen Demonstrationsverbots in der Metropole hielten die Protestierenden an ihrem Vorhaben fest, um gegen die Maßnahmen der Regierung zu mobilisieren. Dabei machten die Behörden von Pfefferspray gegen die Demonstranten Gebrauch, und es wurden Wasserwerfer vor dem Gerichtsgebäude positioniert.
Ekrem Imamoglu wurde in der vergangenen Woche verhaftet, nachdem er sich mehrstündigen Befragungen auf der Polizeiwache unterzogen hatte. Er ist mit Vorwürfen konfrontiert, die in Zusammenhang mit Terrorismus und organisierter Kriminalität stehen. Viele Kritiker sehen diese Beschuldigungen als gezielte Versuche der regierenden AKP, einen wichtigen politischen Gegner auszuschalten. Imamoglu gilt als potenzieller Herausforderer bei der bevorstehenden Präsidentschaftswahl 2028 und hat den Bürgermeister von Ankara, Mansur Yavas, in den Protesten an seiner Seite.
Proteste und politische Reaktionen
Die Proteste in den Städten waren begleitet von einem starken Einsatz der Polizei, die offenbar versuchte, Anwälte am Zugang zum Gerichtsgebäude zu hindern. Dies führte zu verbalen und körperlichen Auseinandersetzungen. Während man in Istanbul aufgrund der Dimensionen der Proteste von einer ernsthaften Bedrohung für die Regierung spricht, äußert sich auch die EU-kommission zu den Vorfällen. Ursula von der Leyen äußerte sich besorgt über die Festnahme von Imamoglu, während Präsident Recep Tayyip Erdogan bisher keine Stellungnahme abgab.
Die Demontage von Imamoglu wird von vielen als Teil eines breiteren Musters angesehen, das die türkische Regierung durchzieht, um oppositionelle Stimmen zum Schweigen zu bringen. So stellt die CHP, die Partei von Imamoglu, die Festnahme als versuchten Staatsstreich dar. Ihr Vorsitzender, Özgür Özel, spricht ebenfalls von einem Putschversuch. Laut Berichten wurde Imamoglu nach seiner Festnahme in die Polizeidirektion in Istanbul gebracht, während gegen insgesamt 106 Personen ermittelt wird.
Reaktionen in der Bevölkerung
Die Welle der Proteste zieht sich über zahlreiche Städte, während die Menschen gegen die Verhaftung des oppositionellen Politikers mobil machen. Neben Imamoglu wurden auch mehrere prominente Angehörige der CHP und andere politische Größen festgenommen. Experten gehen davon aus, dass die laufenden Verfahren gegen Imamoglu politisch motiviert sind und bezweifeln die Unabhängigkeit der Justiz in der Türkei, die seit langem unter dem Einfluss der Regierung steht.
Imamoglu, der 2019 die Bürgermeisterwahl in Istanbul gewonnen hat und damit einen wesentlichen Sieg über Erdogans AKP errang, hat sich bisher zu den Vorwürfen, die gegen ihn erhoben wurden, geäußert und bestreitet alle Anklagen vehement. Ob er in Untersuchungshaft kommt, bleibt ungewiss, während die türkische Anwaltsvereinigung angibt, dass die Aufnahme aller Aussagen bis Sonntag in Anspruch nehmen könnte. Diese Entwicklungen könnten weitreichende Folgen für die politische Landschaft in der Türkei haben.
In der Zwischenzeit beobachten internationale Akteure die Situation in der Türkei mit Besorgnis. Der Ausgang dieser Proteste und die Reaktion der türkischen Regierung könnten entscheidend für das politische Klima im Land sein, das unter Erdogans mehr als 20-jähriger Herrschaft immer autoritärer geworden ist.
Für weitere Informationen über die laufenden Entwicklungen können Sie die ausführlichen Berichte von Ostsee-Zeitung, ZDF und Spiegel verfolgen.