
Der gewaltsame Übergriff auf einen Hausarzt im Hausarztzentrum in Spenge, der am 28. Januar stattfand, wirft erneut ein ernstes Licht auf die zunehmende Gewalt gegen medizinisches Personal. Der betroffene Arzt wurde krankenhausreif geschlagen, nachdem er einem Patienten ein bestimmtes, nicht medizinisch notwendiges Medikament verweigerte. Dr. Dirk Spelmeyer, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL), hat sich zu diesem Vorfall geäußert und Genesungswünsche für den Arzt ausgesprochen. Gleichzeitig verurteilt er die Gewalttat scharf und spricht von einer alarmierenden Zunahme an Übergriffen auf Ärzte und ihr Praxispersonal. Diese Ereignisse stellen nicht nur eine direkte Bedrohung für die Berufsgruppe dar, sondern gefährden auch die ambulante medizinische Versorgung in der Region.
Angesichts dieser Situation hat die KVWL bereits Schulungsangebote zur Gewaltprävention in Aussicht gestellt. Dr. Hermann Lorenz, Leiter der KVWL-Bezirksstelle Minden, betont, dass solche Vorfälle in den letzten Jahren immer häufiger vorkommen. Diese Entwicklung trifft auf eine besorgniserregende Resonanz: Eine Blitzumfrage unter 750 Praxen, durchgeführt von Dr. Volker Schrage, hat ergeben, dass fast ein Viertel der Befragten aufgrund von Gewalterfahrungen über eine Aufgabe ihrer Praxis nachgedacht hat. Darüber hinaus hatten fast 20 Prozent der Befragten Schwierigkeiten, ausreichend Personal zu finden, was die Problematik weiter verschärfen könnte.
Schutzmaßnahmen und Prävention
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in den letzten Jahren die Notwendigkeit hervorgehoben, geschützte Umgebungen in medizinischen Einrichtungen zu schaffen, um sowohl Patienten als auch das Personal zu schützen. Ziel ist es, Praxen und Krankenhäuser zu vertrauensvollen Anlaufstellen für schutzbedürftige Menschen zu machen. Der G-BA empfiehlt die Entwicklung von Verhaltenskodizes und Selbstverpflichtungen für medizinische Einrichtungen. Darüber hinaus ist die Sensibilisierung des Personals für die Erkennung von Missbrauch und Gewalt ein zentraler Bestandteil des Schutzkonzepts.
Die Gesundheitsbranche sieht sich zudem mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert, die Auslöser für gewaltsame Übergriffe sein können. Alkohol und familiäre Sorgen zählen zu den häufigsten Ursachen für Aggressionen. Laut Dr. Martin Eichhorn, einem Experten für Kriminalprävention, sind besonders Notaufnahmen sowie Sanitäter stark betroffen, da hier oft unvorhergesehene Stresssituationen auftreten. Statistiken des Deutschen Krankenhaus Instituts (DKI) aus dem Jahr 2018 zeigen einen besorgniserregenden Mittelwert von rund 83 Vorfällen pro Krankenhaus.
Der Umgang mit Gewalt in der Medizin
Die Bewältigung von Drohungen und Übergriffen erfordert konkrete Strategien. Experten empfehlen, sich im Vorfeld Formulierungen zurechtzulegen, um besser mit Beleidigungen und aggressivem Verhalten umgehen zu können. Bei physischen Angriffen sind die typischen Reaktionen oft Flucht, Kampf oder Schock. Der Einsatz von Lärm, um Angreifer zu verwirren, wird als effektive Methode hervorgehoben, ebenso wie das Vortäuschen einer Krankheit, um das Interesse eines Angreifers abzulenken.
Die Weiterbildung in Deeskalation und Gewaltprävention spielt eine wesentliche Rolle in der Ausbildung von medizinischem Personal. Auch die Präsenz von Sicherheitsdiensten in Krankenhäusern wird als sinnvoll erachtet. Die Effektivität dieser Maßnahmen hängt jedoch stark von der Ausbildung und Bezahlung des Sicherheitspersonals ab. Es ist entscheidend, dass die Polizei bei Konflikten prompt hinzugezogen wird, um eine Verschärfung der Situation zu vermeiden.
Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Thematik der Gewalt gegen Ärzte und medizinisches Personal nicht länger ignoriert werden kann. Es bedarf dringender gesetzlicher Anpassungen und institutioneller Maßnahmen, um die Sicherheit in der Gesundheitsversorgung zu gewährleisten.
Für weiterführende Informationen zu diesem Thema bietet die KVWL Schulungsangebote an, die zur Verbesserung der Sicherheitslage beitragen können. Weitere Details und Hilfsangebote sind auf den Webseiten der entsprechenden Institutionen zu finden.
Erfahren Sie mehr über die Hintergründe und Maßnahmen zur Gewaltprävention auf Westfalen-Blatt, KBV und Ärzteblatt.