
Am 19. und 20. März 1965 trat Louis Armstrong mit seiner Band „His All Stars“ im Friedrichstadt-Palast in Ost-Berlin auf. Diese zwei Konzerte markierten den Beginn seiner Tournee durch die DDR und trugen dazu bei, den jahrelangen Jazz-Bann in der DDR zu lockern. In seinen ersten beiden Auftritten füllten jeweils 3.000 Zuschauer den Saal, und insgesamt wurden 18.000 Karten für die Berliner Konzerte innerhalb eines einzigen Tages verkauft. Laut rbb24 erlebten über 50.000 Menschen Armstrongs Auftritte in 17 Städten während seiner vierwöchigen Tournee durch Osteuropa.
Armstrongs Besuch war aus mehreren Gründen von Bedeutung. Die DDR erhoffte sich durch seinen Auftritt internationale Anerkennung und ein positives Image. Gleichzeitig war die DDR-Führung besorgt über mögliche Störversuche während der Konzerte, da die Staatssicherheit die Auftritte genau überwachte. Der ostdeutsche Musikjournalist Karlheinz Drechsel begleitete Armstrong als Moderator und Reiseleiter. Bei seiner Ankunft sang Armstrong spontan mit den „Jazz Optimisten“ auf dem Rollfeld, was seinen Enthusiasmus und seine Verbundenheit zur Jazzmusik deutlich machte.
Ein politischer Kontext
Die politische Lage in der DDR war angespannt. Walter Ulbricht, der Staats- und Parteichef, hatte Jazz zuvor als „Affenmusik“ abqualifiziert. Armstrong, der als Kulturbotschafter für Frieden und Demokratie im Ostblock auftreten sollte, verzichtete darauf, sich politisch zu äußern. „Die Mauer interessiert mich nicht. Mich interessiert nur mein Publikum“, betonte er auf einer Pressekonferenz, wie Welt berichtet. Armstrong betrachtete seine Tournee als geschäftliche Angelegenheit und wollte sich nicht als politischer Agent erweisen.
Trotz dieser Zurückhaltung erhielt Armstrong während seiner Reise Sachwerte von der DDR, darunter antike Schmuckwaffen und Präzisionsoptiken. Darüber hinaus stellte sich die Frage der Vergütung: Unklar blieb, wie Armstrong und seine Band finanziert wurden, denn das US-Außenministerium beteiligte sich nicht an den Kosten für die Tournee. Die finanzielle Unterstützung kam hauptsächlich von dem Schweizer Geschäftsmann Werner Schmid. Armstrong selbst investierte seine Gage, die er in DDR-Mark erhielt, in einen luxuriösen Nerzmantel.
Jazz in der DDR
Die umfassende Berichterstattung in den DDR-Medien nach den Konzerten spiegelte die veränderte Haltung gegenüber Jazz wider. Die „Berliner Zeitung“ lobte den starken Beifall für Armstrong, während das „Neue Deutschland“ ihn als „Sendbote des guten Amerika“ bezeichnete. Bis zum Ende der 1960er-Jahre wurde Jazz schließlich als fester Bestandteil der Musikkultur in der DDR anerkannt. Armstrongs Auftritte trugen zur Akzeptanz dieser Musikrichtung bei und halfen, die kulturelle Barriere ein Stück weit abzubauen.
Insgesamt absolvierte Louis Armstrong in der DDR 17 Konzerte in neun Tagen und zog damit die Aufmerksamkeit der internationalen Öffentlichkeit auf sich. In dieser kurzen Zeit veränderte er das Bild des Jazz in der DDR nachhaltig und hinterließ einen bleibenden Eindruck, der bis heute in Ausstellungen und Dokumentationen nachgezeichnet wird, wie im Potsdamer Kunsthaus Das Minsk zu sehen ist. Die DDR-Führung sah in diesem Besuch eine wertvolle Gelegenheit für internationale Beachtung, obwohl sie die Botschaft auf die eigene Agenda ausrichtete.
Armstrongs Tournee bleibt ein faszinierendes Kapitel in der Geschichte des Jazz und der kulturellen Diplomatie im Kalten Krieg, und die Spuren seines Besuchs sind bis heute nachzuvollziehen. Konzerte wie die von Armstrong waren nicht nur musikalische Ereignisse, sie wurden zu einem Symbol gegen die kulturelle Isolation der DDR.