
Die Situation im Maßregelvollzug in Baden-Württemberg steht vor massiven Herausforderungen. Aktuelle Berichte von zvw.de zeigen, dass die Einrichtungen überfüllt sind und die vorhandenen Ressourcen nicht ausreichen. Das Sozialministerium warnt vor einem unzureichenden Ausbau der Plätze, was zu einem akuten Mangel an geeigneten Unterbringungsmöglichkeiten führt.
Udo Frank, Leiter des Zentralbereichs Maßregelvollzug, äußert, dass die fachlichen Standards in den Einrichtungen nicht mehr flächendeckend erfüllt werden können. Regelmäßig überschreiten die Stationen die zulässigen Belegungszahlen, was sich negativ auf die Therapiebedingungen auswirkt. Ein neuer Standort, insbesondere in Stuttgart oder Karlsruhe, wäre dringend erforderlich, um den bestehenden Verdichtungsmaßnahmen, die beispielsweise das Aufstellen von Stockbetten und die Umnutzung von Patientenzimmern umfassen, entgegenzuwirken.
Einige Fortschritte im Maßregelvollzug
Um der steigenden Anzahl an Patienten gerecht zu werden, wurden bereits neue Standorte geschaffen. So wurde im August 2023 das ehemalige Gefängnis „Fauler Pelz“ in Heidelberg als Zwischenlösung für 80 Plätze eröffnet. Weitere Neubauten sind in Wiesloch und Calw geplant, die im Oktober 2024 und Januar 2025 in Betrieb genommen werden sollen. Auch in Schwäbisch Hall und Winnenden sollen entsprechende Einrichtungen entstehen, allerdings sind diese Projekte mit langfristigen Inbetriebnahmeterminen zwischen 2025 und 2029 verbunden.
Insgesamt waren im vergangenen Jahr im Durchschnitt 1.605 Menschen in den Maßregelvollzugseinrichtungen untergebracht. Eine aktuelle Analyse zeigt, dass am 28. Februar 27 Suchtkranke auf eine Aufnahme warteten. Die Platzkapazitäten hängen stark von den gerichtlichen Zuweisungen ab, wobei ein Rückgang bei den Zuweisungen von Suchtkranken festzustellen ist, während vermehrt psychiatrische Patienten eingewiesen werden.
Reform der Unterbringungsbedingungen
Die Reform des § 64 StGB, die seit Oktober 2023 in Kraft ist, ist darauf ausgelegt, die Unterbringungsvoraussetzungen zu verschärfen. Diese gesetzliche Änderung soll einerseits die Zahl der Unterbringungen in Entziehungsanstalten verringern und andererseits sicherstellen, dass nur tatsächlich behandlungsbedürftige Täter untergebracht werden, berichtete lto.de. Die Anordnungsbedingungen wurden eng gefasst; künftig muss eine Substanzkonsumstörung mit erheblichen Folgen für die Lebensgestaltung vorliegen.
Diese Reform könnte zu einer Zunahme von Straftätern mit Suchtproblemen in Justizvollzugsanstalten führen, die jedoch unzureichend auf die Behandlung solcher Klientel vorbereitet sind. Dies könnte nicht nur die Behandlung der Betroffenen erschweren, sondern auch erhebliche Folgekosten für die Gesellschaft zur Folge haben.
Diskussion um Veränderung des Maßregelvollzugs
Zusätzliche Vorschläge zur Transformation des Maßregelvollzugs wurden bereits 2022 von der DGSP präsentiert. Ziel dieser Vorschläge ist die Abschaffung der Maßregeln nach §§ 63 und 64 StGB, wie in einem Text auf dgsp-ev.de nachzulesen. Künftige Verurteilungen sollten unabhängig von Schuldfähigkeit oder Gefährlichkeit nur zu Freiheitsstrafen erfolgen. Gesundheitsversorgung im Freiheitsentzug könnte die Behandlungsbedingungen grundlegend verändern, da örtliche Ärzte und Gesundheitsdienste die Verantwortung übernehmen würden.
Die Diskussion um die Reform des Maßregelvollzugs verdeutlicht die Dringlichkeit einer strukturellen Verbesserung in diesem Bereich. Es bleibt abzuwarten, wie die aktuelle Überlastung der Einrichtungen und die neuen gesetzlichen Bestimmungen sich langfristig auf die Betroffenen auswirken werden.