
Die baden-württembergische Landesregierung bleibt unbeirrt und plant, am umstrittenen Leistungstest „Kompass 4“ für Viertklässler festzuhalten. In einer nicht-öffentlichen Sitzung des Bildungsausschusses bestätigte Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) diese Entscheidung. Der Test, der bundesweit am 16. Januar 2025 unter den Schülern durchgeführt wurde, bewertet die Leistungen in den Fächern Deutsch und Mathematik und fließt in die Grundschulempfehlung ein, die entscheidend für den Bildungsweg der Kinder ist.
Im Rahmen des Tests, der im November 2024 erstmals stattfand, hatten nur 6% der Viertklässler das Gymnasialniveau in Mathematik erreicht. Diese besorgniserregenden Ergebnisse haben zu massiver Kritik seitens der Verbände geführt, die eine sofortige Aussetzung der Grundschulempfehlung fordern, um rechtliche Grundlagen zu schaffen. So betont der Grundschulverband die Notwendigkeit eines revisionsfreien Verfahrens für die Leistungsbewertung.
Kritik an „Kompass 4“
Die Einführung von „Kompass 4“ hatte das Ziel, eine Überfüllung der Gymnasien zu verhindern, da im kommenden Schuljahr wieder das neunjährige Gymnasium („G9“) gilt. Ein Umfrage unter über 1.000 Lehrkräften und Schulleitern zeigt jedoch, dass mehr als 80% der Pädagogen den Test für unzureichend halten. Die Lehrer berichten, dass die Ergebnisse des Tests oft nicht mit ihrer persönlichen Einschätzung der Schüler übereinstimmen. Auch Eltern äußern Unzufriedenheit über den Test, der nicht den tatsächlichen Leistungsstand ihrer Kinder widerspiegelt.
Kritik gezielt auf die Mathe-Prüfungen des Tests, die als zu schwierig und die Bearbeitungszeit als zu kurz empfunden werden. Die SPD-Fraktion und der Landeselternbeirat haben bereits gefordert, dass die Testergebnisse in diesem Jahr nicht gewertet werden. Dies wurde auch in einer Debatte im baden-württembergischen Landtag im Dezember 2024 thematisiert.
Zukünftige Entwicklungen
Trotz des Gegenwinds plant das Kultusministerium, die Prüfung der Mathe-Aufgaben in der kommenden Zeit durchzuführen. Schopper unterstützt die Grundschulempfehlung als Teil des Schulgesetzes, die auf verschiedene Kriterien basiert. Dazu gehören die pädagogische Gesamtwürdigung der Klassenkonferenz, das Ergebnis des „Kompass 4“-Tests und der Elternwille. Die endgültige Empfehlung wird am Ende des ersten Halbjahres der vierten Klasse erteilt.
Eine Ausweitung der Tests, die auch Potentialtests umfassen können, soll zusätzlichen Beratungsbedarf abdecken. Die Reihenfolge der Bewertung stellt sicher, dass nicht nur die Testergebnisse, sondern auch individuelle Lehrerbewertungen und die Meinungen der Eltern einfließen. Die Klassenkonferenz, bestehend aus Lehrkräften und dem Schulleiter, entscheidet letztlich über die Grundschulempfehlung, die für alle auf der Grundschule aufbauenden Schularten Gültigkeit hat.
Die Rolle der Eltern
Erziehungsberechtigte haben maßgeblichen Einfluss auf die Bildungslaufbahn ihrer Kinder. Die Empfehlungen zur Schulart basieren auf einer Gesamtwürdigung, die die Begabungen und Leistungen der Kinder berücksichtigt. Wem eine sonderpädagogische Förderung zusteht, wird geraten, sich mit dem zuständigen Schulamt in Verbindung zu setzen. Ein neues Aufnahmeverfahren, bekannt als „NAVi 4 BW“, bietet Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten zu den unterschiedlichen Schularten sowie zu den Ergebnissen der Kompetenzmessung.
Ab dem Schuljahr 2024/2025 wird es keine vertiefte Beratung im Rahmen der Grundschulempfehlung mehr geben, was die Anforderungen an die Eltern erhöhen könnte, sich proaktiv über die Bildung ihres Kindes zu informieren.
Diese Entwicklungen sind Teil eines umfassenden Reformprozesses, der nicht nur die Lehrer und Schüler betrifft, sondern auch die Eltern in die Verantwortung zieht, um sicherzustellen, dass ihre Kinder die bestmögliche Förderung erhalten.
SWR berichtet, dass das Kultusministerium plant, die Testergebnisse eingehend zu prüfen. Zudem kritisiert Tagesschau die unzureichende Kommunikation und die Schwierigkeiten, die sich aus der Umsetzung von „Kompass 4“ ergeben. Für detaillierte Informationen über die Schulwahl gibt es weitere Angebote auf der Webseite des KM Baden-Württemberg.