
In der Tierforschung rückt das Augenmerk zunehmend auf die sozialen Interaktionen innerhalb verschiedener Arten. Eine neue Studie von Biologe Michael Griesser von der Universität Konstanz und Miya Warrington von der Oxford Brookes University beleuchtet den Zusammenhang zwischen physischer Berührung und sozialer Zusammenarbeit im Tierreich. Sie untersuchen insbesondere Unterschiede zwischen Arten, die spontan kooperieren und solchen, die langfristige soziale Bindungen pflegen. Ihr Artikel mit dem Titel „The power of caring touch: from survival to prosocial cooperation“ analysiert das Verhalten von Unglückshähern und australischen Gimpelhähern, um herauszufinden, wie Fürsorgeverhalten zur sozialen Kooperation beiträgt. Uni Konstanz berichtet von der Hypothese der Forscher, dass fürsorgliche Berührungen eine Grundlage für soziale Zusammenarbeit bilden können.
Die Auswirkungen von Oxytocin und Vasotocin sind dabei zentral. Diese Hormone sind nicht nur für die Regulierung des Wasserhaushalts und den weiblichen Zyklus wichtig, sondern spielen auch eine entscheidende Rolle in sozialen Interaktionen und der Brutpflege. So zeigt sich in den Erhebungen, dass ein höherer Oxytocin-Spiegel mit einer größeren Anzahl berührungsempfindlicher Rezeptoren und häufigeren Berührungen bei sozialen Arten korreliert. Diese Berührungen fördern nicht nur die Brutpflege, sondern können auch langfristige soziale Kooperation im Erwachsenenalter ermöglichen.
Soziale Bindungen und Überleben
Die Studie hebt hervor, dass soziale Zusammenarbeit essenziell für das Überleben in extremen Umgebungen ist. Dies gilt beispielsweise für Nacktmulle, die in ihren Gemeinschaften aufeinander angewiesen sind. Die Vorteile einer solchen Zusammenarbeit sind vielfältig. Sie umfassen den Austausch von Informationen über Futterplätze, Warnungen vor Raubtieren sowie gemeinschaftliche Brutpflege und Partnersuche. All diese Faktoren können eine entscheidende Rolle für das Überleben einer Art spielen.
Zusätzlich zu den Wasser- und Fortpflanzungsfunktionen hat Oxytocin auch die Fähigkeit, Stresslevel zu senken. Dies hilft geselligen Arten, besser mit Umweltstress umzugehen und gemeinsame Beziehungen zu pflegen. Diese Erkenntnisse wurden im Journal Trends in Ecology and Evolution veröffentlicht und zeigen, wie komplex die soziale Dynamik unter Tieren ist.
Kuschelhormon bei Schimpansen
Ein weiterer Aspekt der Untersuchung behandelt die Rolle von Oxytocin bei Schimpansen. Forschungsergebnisse des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig zeigen, dass Oxytocin eine Schlüsselrolle in der Pflege kooperativer Beziehungen spielt. Schimpansen mit engen, kooperativen Bindungen leben nicht nur länger, sondern haben auch bessere Überlebenschancen für ihren Nachwuchs. Dabei wurde in einer Studie im Budongo-Wald in Uganda der Zusammenhang zwischen Oxytocin-Spiegel und sozialer Fellpflege analysiert. Max-Planck-Institut berichtet, dass höhere Oxytocinwerte nach der Fellpflege mit befreundeten Tieren festgestellt wurden, unabhängig von genetischen Verwandtschaftsverhältnissen oder sexuellen Interessen.
Diese Erkenntnisse erweitern das Verständnis dafür, wie emotionale und physiologische Faktoren bei sozialen Bindungen wirken. Die Studie war besonders innovativ, da sie den Oxytocinspiegel bei wild lebenden Tieren ohne Blutabnahme offenbarte, indem Urinproben von 33 Schimpansen gesammelt wurden.
Insgesamt zeigt die Forschung, dass das \“Kuschelhormon\“ Oxytocin nicht nur bei Menschen, sondern auch bei Tieren eine erhebliche Rolle in der Stärkung von sozialen Bindungen und der Förderung von Kooperation spielt, was weitreichende Auswirkungen auf das Überleben und die sozialen Strukturen von Tiergemeinschaften haben kann. Spiegel bietet ergänzende Informationen über die Bedeutung von Oxytocin in der Tierwelt und seine weiteren Implikationen für das Verständnis von sozialen Verhalten.