
Roger Humbert, ein bedeutender Pionier der Fotografie des 20. Jahrhunderts, hinterließ ein beeindruckendes Werk, das nun in einer Ausstellung gewürdigt wird. Der Literaturwissenschaftler Bernd Stiegler hat diese Retrospektive in Winterthur initiiert, in der sowohl Humberts kreative Ansätze als auch dessen Einfluss auf die Kunstgeschichte herausgestellt werden. Die Schau mit dem Titel „Fotografien für den geistigen Gebrauch“ wird ab dem 6. Februar 2025 im Wolkenstein-Saal des Kulturzentrums am Münster in Konstanz eröffnet und ist eine Kooperation mit der Fotostiftung Schweiz. Die Ausstellung ist das Ergebnis eines Projektseminars an der Universität Konstanz, an dem Studierende aktiv beteiligt waren, um die verschiedenen Aspekte eines Ausstellungsprojekts kennenzulernen, darunter die Werkselektion und die Erstellung eines Hängeplans. Diese praxisnahe Erfahrung verdeutlicht den interdisziplinären Ansatz der Universität.
Der Titel der Ausstellung, der auf Humberts Ideen zurückgeht, spiegelt seine Überzeugung wider, dass Fotografie nicht nur die Dokumentation der Realität ist, sondern auch einen geistigen Ausdruck darstellen kann. Humbert, der von den 1950er Jahren bis zu seinem Lebensende mehrere hundert Fotogramme erschuf, begründete in den 1960er Jahren die „Konkrete Fotografie“. Diese Form kombiniert gegenständliche, kamerabasierte Fotografie mit Fotogrammen und generiert neue Ausdrucksformen, die ohne Kamera produziert werden. In der Dunkelkammer belichtete er fotosensitives Papier mit Objekten und Schablonen, um einzigartige Bildresultate zu schaffen.
Eine einzigartige Retrospektive
Die Vernissage dieser besonderen Ausstellung findet am 6. Februar 2025 um 19.00 Uhr statt. Der Publikumsverkehr ist vom 7. Februar bis 1. Juni 2025 möglich, wobei die Öffnungszeiten Dienstag bis Freitag von 10.00 bis 18.00 Uhr und am Wochenende sowie an Feiertagen von 10.00 bis 17.00 Uhr sind. Interessierte können die Ausstellung für 5 Euro oder ermäßigt für 3 Euro besuchen; am ersten Sonntag des Monats ist der Eintritt frei. Zudem werden öffentliche Führungen am ersten Sonntag um 15.00 Uhr angeboten. Nach der Konstanzer Station wird die Ausstellung in veränderter Form von 21. Juni bis 12. Oktober 2025 in der Fotostiftung Schweiz gezeigt. Eine begleitende Publikation wird im Vexer Verlag erscheinen.
Humberts Rückkehr zur Fotografie im Jahr 2005, als er begann, mit einer digitalen Kompaktkamera zu experimentieren, zeigt seine Weiterentwicklung als Künstler. Er befasste sich intensiv mit der Funktionsweise des menschlichen Sehapparats und der Wahrnehmung von Licht und Formen. Diese Auseinandersetzung eröffnete ihm neue Perspektiven auf die Interaktion zwischen Licht, Gegenständen und der menschlichen Wahrnehmung, was ihn zu Fragen nach künstlicher und echter Intelligenz führte. Diese Themen sind essenziell in Humberts Arbeiten, in denen er Lichtstrukturen schafft und mit digitalen Codes nagelneue Bildkompositionen erschafft. Er bleibt seiner Bildsprache treu und erweitert kontinuierlich seinen geistigen Horizont durch Wissenserwerb, den er gestalterisch umsetzt.
Vom historischen Ursprung zur modernen Fotografie
Die Fotografie, deren Begriff sich aus den griechischen Wörtern „photo“ (Licht) und „graphein“ (schreiben) ableitet, hat eine lange und abwechslungsreiche Geschichte. Sie bezeichnet Verfahren zur Herstellung von Bildern auf lichtempfindlichen Flächen, wobei fotochemische Reaktionen durch Licht oder elektromagnetische Strahlung ausgelöst werden. Die Ursprünge der Fotografie liegen in der Camera obscura, die bereits im 4. Jahrhundert v. Chr. von Aristoteles beschrieben wurde. Im Laufe der Zeit wurden diverse Techniken entwickelt, die von der Daguerreotypie im 19. Jahrhundert bis hin zu modernen Digitaltechniken reichen.
Die Entwicklungen im 20. Jahrhundert führten zur Einführung von Farbfilmen und schließlich zur digitalen Fotografie, die heute das gängige Verfahren ist. Digitalkameras speichern Lichtwerte elektronisch und wandeln sie in Bilder um, wodurch der chemische Prozess der Bildherstellung entfällt. Diese technologische Evolution hat die Art und Weise, wie Bilder erstellt und bearbeitet werden, grundlegend verändert und wirft neue Fragen zur Authentizität und Dokumentation von Fotografien auf.
Die bevorstehende Ausstellung von Roger Humbert ist nicht nur eine Hommage an einen herausragenden Künstler, sondern auch eine Gelegenheit, die Entwicklung und die Möglichkeiten der Fotografie von ihren Anfängen bis in die digitale Zukunft zu reflektieren.