
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt eindringlich vor der Zunahme von Antibiotika-resistenten Keimen, insbesondere multiresistenten Bakterien. Dies stellt eine wachsende Bedrohung für die globale Gesundheit dar. Ein Forschungsteam der Universität Konstanz und der Universität Wien hat kürzlich eine vielversprechende neue Substanz gegen den Erreger Neisseria gonorrhoeae identifiziert. Die Ergebnisse dieser bahnbrechenden Studie wurden im Wissenschaftsmagazin Nature Microbiology veröffentlicht und könnten dazu beitragen, die steigende Antibiotika-Resistenz bei dieser Keimart zu bekämpfen, die der Hauptverursacher der Geschlechtskrankheit Gonorrhö (Tripper) ist.
Die WHO hat eine Liste von 15 problematischen Antibiotika-resistenten Bakterien veröffentlicht, die in die Kategorien „kritisch“, „hochproblematisch“ und „problematisch“ eingeteilt sind. Neisseria gonorrhoeae ist eine der alarmierendsten Arten, da sie eine rasante Resistenzentwicklung gegen alle therapeutischen Mittel zeigt, einschließlich gängiger Antibiotika wie Penicillin, Ciprofloxacin und Azithromycin. Besonders besorgniserregend sind multiresistente Stämme, die gegen erweiterte Cephalosporine (ESC) wie Ceftriaxon und Cefixim resistent sind. In den letzten Jahren wurden steigende Raten solcher Resistenzen beobachtet, die die Behandlung erheblich erschweren.
Innovative Ansätze bei der Bekämpfung von Gonorrhö
Das besagte Forschungsteam identifizierte neue Wirkstoffe aus der Gruppe der Alkyl-Quinolone (AQs), die in der Lage sind, multiresistente Gonokokken abzutöten. Diese Naturstoffe werden von bestimmten Bakterien synthetisiert, um sich gegen andere Bakterien zu verteidigen. Besonders hervorzuheben ist ein neuartiges AQ-Molekül, das nicht nur die Gonokokken abtötet, sondern auch andere Bakterien oder menschliche Zellen unberührt lässt. Der Wirkmechanismus dieses Antibiotikums aktiviert einen Selbsttötungsmechanismus innerhalb der Gonokokken, der auf Toxin-Antitoxin-Systemen basiert. Dies führt zu einem Abbau des Antitoxins, was es dem Toxin ermöglicht, seine tödliche Wirkung zu entfalten.
Die Bedeutung dieser Forschung kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Angesichts der Tatsache, dass die WHO jährlich über 78 Millionen Gonorrhoe-Patienten weltweit verzeichnet, ist die Suche nach effektiven Behandlungsmöglichkeiten dringend erforderlich. In den letzten Jahren wurden auch erste Stämme von N. gonorrhoeae beschrieben, die gegen alle zuvor eingesetzten Behandlungsformen resistent sind, was die Notwendigkeit für neue therapeutische Ansätze unterstreicht.
Die Herausforderung der Antibiotika-Resistenz
Die Resistenzmechanismen von N. gonorrhoeae sind eng mit ihrer Epidemiologie verknüpft. Die Übertragung von Resistenzen erfolgt häufig durch Konjugation oder Transformation. Besonders problematisch sind Resistenzen gegen Beta-Laktam-Antibiotika. Jüngste Forschung hat gezeigt, dass mutate Gene, die für das Überleben gegen Antibiotika verantwortlich sind, häufig anzutreffen sind. Mehrere gegenwärtige Behandlungen, wie die Kombinationstherapie mit Ceftriaxon und Azithromycin, haben aufgrund der sich entwickelnden Resistenzen an Effektivität verloren.
Neue Medikamente in der Entwicklung, darunter Delafloxacin, Gepotidacin und Zoliflodacin, könnten eine Lösung bieten. Es wird auch über den Einsatz von Probiotika und Bakteriophagen als alternative Therapien diskutiert, während die Entwicklung eines Impfstoffs gegen Gonokokken aufgrund der antigenetischen Variabilität komplex bleibt.
Die aktuellen Studien und die Fortschritte in der Erforschung neuer Antibiotika offenbaren einen neuen Ansatz zur Bekämpfung von Problemkeimen. Dies könnte einen entscheidenden Schritt darstellen, bevor die Möglichkeiten für antibiotische Behandlungen erschöpft sind. Um die wachsende Bedrohung durch multiresistente N. gonorrhoeae-Stämme zu adressieren, ist es unerlässlich, dass weitere Forschungen und innovative Behandlungsansätze vorangetrieben werden.
Für mehr Informationen zu den Entwicklungen in der Bekämpfung von multiresistenten Bakterien, besuchen Sie die Artikel auf Uni Konstanz, PMC und PMC 9505656.