
Am 8. Februar 2025 haben die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen ihre Stromverbindungen zu Russland im Rahmen eines umfassenden Energiesicherheitsplans unterbrochen. Dieser Schritt markiert das Ende von mehr als drei Jahrzehnten elektrischer Bindungen an Russland und stellt einen bedeutenden Fortschritt in der Integration der baltischen Staaten in das europäische Stromnetz dar. Die Netzbetreiber der Länder gaben am Samstagmorgen bekannt, dass sie ihre Systeme vom gemeinsamen RUBILL-Netz, das Russland und Weißrussland umfasst, getrennt haben. Der Schritt erfolgte vor dem Hintergrund zunehmender Besorgnis über Moskaus aggressive Außenpolitik, insbesondere nach der Invasion der Ukraine im Jahr 2022. Litauens Energieminister Žygimantas Vaičiūnas erklärte, Russland habe somit nicht mehr die Möglichkeit, das Stromsystem als geopolitisches Druckmittel zu nutzen.
Die baltischen Staaten werden für etwa 24 Stunden im „isolierten Modus“ arbeiten, bevor sie am Sonntag mit dem Stromnetz der Europäischen Union über Polen synchronisiert werden. Der Prozess begann bereits in den frühen Morgenstunden, als Litauen um 7:43 Uhr (05:43 GMT) als erstes Land vom russischen Netz abgeschaltet wurde. Lettland und Estland folgten kurz darauf. Die offizielle Feier zur endgültigen Trennung wird von der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, sowie den Präsidenten Polens und der baltischen Staaten begleitet.
Ein entscheidender Schritt für die Energiesicherheit
Die Beziehungen der baltischen Staaten zu Russland waren seit ihrer Unabhängigkeit von der Sowjetunion im Jahr 1990 angespannt und verloren in der letzten Zeit weiter an Stabilität. Die Trennung von den Grenzen des BRELL-Netzes wurde bereits seit der Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 vorbereitet und beschleunigte sich durch die geopolitischen Entwicklungen seit 2022. Nach einer Übergangszeit, in der die baltischen Staaten den Kauf russischer Energie eingestellt hatten, waren sie jedoch weiterhin über das alte sowjetische Stromnetz verbunden.
Litauens Präsident Gitanas Nausėda nannte die Trennung einen physischen Bruch mit der letzten Abhängigkeit vom russischen und belarussischen Energiesystem. Nach der Trennung wird ein neues Netz, das die baltischen Staaten mit der EU verbindet, in Betrieb genommen werden, einschließlich Unterseekabeln in der Ostsee. Zudem informierten die baltischen Staaten Moskau und Minsk Anfang 2024 über den Plan zur Trennung, um mögliche feindliche Reaktionen zu vermeiden.
Sicherheitsvorkehrungen und mögliche Risiken
Die Behörden der baltischen Staaten warnen jedoch vor potenziellen Risiken in dieser kritischen Phase. Es besteht die Möglichkeit von Sabotage, Cyberangriffen und Desinformationskampagnen. Der litauische Staatssicherheitsdienst berichtete von kurzfristigen Risiken, einschließlich kinetischer Operationen gegen kritische Infrastrukturen, während Lettlands Präsident Edgars Rinkevics betonte, dass „mögliche Provokationen“ nicht auszuschließen seien. Auch in Lettland wurden die Nationalen Streitkräfte und die Nationalgarde in einem verstärkten Modus eingesetzt.
Der Erfolg der Operation beruht auch auf der engen Zusammenarbeit zwischen den baltischen Staaten und Polen. Der polnische Netzbetreiber PSE plant den Einsatz von Hubschraubern und Drohnen zur Überwachung der Verbindung mit Litauen. In dieser angespannten geopolitischen Lage ist es von größter Bedeutung, die Stabilität der Stromversorgung sicherzustellen. Lettlands Energieminister Kaspars Melnis bestätigte, dass der Prozess reibungslos verlaufe und dass der Ausstieg aus dem BRELL-System die Strompreise nicht negativ beeinflussen werde.
Die Abschaltung der letzten Verbindungen zu Russland wird als wichtiger Schritt auf dem Weg zu mehr energetischer Unabhängigkeit und Sicherheit in der Region angesehen. Generell haben die baltischen Staaten, die 2004 der EU und NATO beitraten, in den letzten Jahren erheblich in Sicherheits- und Infrastrukturprojekte investiert, um sich von russischer Energie unabhängig zu machen. In diesem Kontext hat die EU über 1,23 Milliarden Euro in zentrale Projekte der Ostseeverbindungen investiert.