
Die Netflix-Serie „Adolescence“ hat in den letzten Wochen für viel Gesprächsstoff gesorgt. Die fiktive Geschichte dreht sich um den 13-jährigen Jamie, der seine Mitschülerin Katie ersticht. Während die Serie die Gewalt unter jungen Männern in Großbritannien thematisiert, wird sie sowohl als pädagogisch wertvoll als auch als klischeehaft beschrieben. Der Fokus auf das britische Schulsystem und die Herausforderungen, mit denen Lehrer und Schüler konfrontiert sind, zieht die Zuschauer in den Bann. Dennoch wird die erzählerische Tiefe sowie die Originalität von Kritikern bezweifelt, da die Erzählweise ohne Schnitte als theatrale Spielerei kritisiert wird.
Die letzten Episoden der Serie beschäftigen sich intensiv mit den psychosozialen Gründen für Jamies Gewalterlass. Ein zentraler Punkt ist seine Abneigung gegen Frauen, die maßgeblich durch den Einfluss der sogenannten „Manosphere“ geprägt ist. In einer dramatischen Therapiesitzung wird die Verantwortung für die Tat letztlich auf den Computer geschoben, anstatt auf die familiären oder schulischen Umstände einzugehen. Das wirft Fragen zur tatsächlichen Relevanz der Serie auf, insbesondere in Bezug auf ihre Zielgruppe, die eher besorgte Eltern als entfremdete Teenager anzusprechen scheint. Der Artikel von faz.net zieht einen Vergleich zu Larry Clarks Film „Kids“, der jugendliche Protagonisten in einer differenzierteren Weise betrachtet.
Politische Dimension und Medienaufmerksamkeit
In der politischen Arena hat der britische Premierminister Keir Starmer auf die Serie aufmerksam gemacht. Er sieht sie als eine Art dokumentarisches Werk, das die Gefahren der Online-Radikalisierung junger Männer verdeutlicht. Starmer selbst schaut die Serie mit seinen Kindern und äußert Besorgnis über den zunehmenden frauenfeindlichen Extremismus, der auch in der Gesellschaft breitere Auswirkungen hat. Er betont, dass viele Eltern und Fachkräfte die Herausforderungen ansprechen, mit denen vor allem Jungs und junge Männer konfrontiert sind. Dabei hat auch der frühere englische Fußballnationaltrainer Gareth Southgate gewarnt, dass viele Jungs sich isoliert fühlen und toxischen Influencern im Internet ausgesetzt sind, was die Problematik noch verschärft.
Die Serie ist in den ersten Tagen ihrer Veröffentlichung millionenfach abgerufen worden und verdeutlicht, dass das Thema viele Menschen beschäftigt. In diesem Kontext wird auch die Rolle des Internets beim Entstehen extremistischer Haltungen beleuchtet. Die Informationsvermittlung im digitalen Raum erfolgt schnell und anonym, was besonders für Jugendliche attraktiv ist. Extremistische Akteure nutzen diese Plattformen gezielt für Kommunikation, Rekrutierung und die Verbreitung von Propaganda, so die bpb.de.
Radikalisierung und ihren Einfluss
Die Online-Radikalisierung ist ein komplexes Phänomen, das aus Interaktionen in der analogen Welt oft nicht ausgeklammert werden kann. Während einige Studien den Einfluss des Internets als einen Katalysator, wenn auch nicht als alleinige Ursache für die Radikalisierung von Jugendlichen ansehen, bleibt die Vielzahl der extremistischen Inhalte und deren subtile Gestaltung ein großes Problem. Diese Inhalte werden geschickt an gesellschaftliche Debatten angepasst und können schwer zu erkennen sein. Die Nutzung sozialer Medien ermöglicht es Extremisten, gezielt auf junge Menschen einzugehen und sie zu mobilisieren, was die Bedeutung von Medienkompetenz in der heutigen Zeit unterstreicht.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Adolescence“ nicht nur unterhaltend ist, sondern auch tiefere gesellschaftliche Fragestellungen aufwirft. Die Verbindung zwischen medialen Darstellungen und realenproblemen von Jugendlichen weist auf die Dringlichkeit hin, diese Themen nicht nur in Serien zu behandeln, sondern auch aktiv in der Gesellschaft anzugehen.