
Die wirtschaftliche Lage der Bauwirtschaft in Baden-Württemberg hat sich im vergangenen Jahr drastisch verschlechtert. SWR berichtet, dass im Bauhauptgewerbe von Januar bis November 2024 die Umsätze um 1,6 Prozent auf rund 14,4 Milliarden Euro sanken. Besonders besorgniserregend ist der Wohnungsbau, der mit einem Umsatzminus von fast 13 Prozent einen der größten Rückgänge verzeichnete. Der Auftragseingang in diesem Bereich fiel um 5,5 Prozent.
Die Situation wird von Bauwirtschaftspräsident Markus Böll als dramatisch beschrieben. In der Wirtschaftsbau und im öffentlichen Bau gab es zwar ein leichtes Umsatzplus, jedoch zeigte sich auch hier eine nachlassende Dynamik. Die Kurzarbeit in der Bauwirtschaft ist im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent gestiegen, was die angespannte Lage weiter verdeutlicht. Auch die Zahl der Firmeninsolvenzen nahm zu, während die Arbeitslosigkeit leicht anstieg.
Internationale Herausforderungen und lokale Probleme
Die Situation im deutschen Wohnungsbau ist insgesamt angespannt, wie auch Squarevest feststellt. Viele insolvente Immobilienentwickler und Bauunternehmen kämpfen ums Überleben. Ein Anstieg der Zinsen führt zu finanziellen Engpässen, die die ohnehin schon problematische Bereiche belasten. Von 2021 bis 2024 sind die Baukosten um etwa 30 Prozent gestiegen.
Im Neubau sank die Zahl der Genehmigungen für Wohnhäuser und Nichtwohngebäude um über 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im gesamten Jahr 2021 konnten noch über 20.000 Gebäude genehmigt werden, während im Zeitraum von Januar bis November 2024 lediglich fast 6.100 Wohnhäuser und mehr als 2.450 Nichtwohngebäude genehmigt wurden.
Infrastruktur und Sanierungsbedarf
Die Bauwirtschafts-Vizepräsidentin, Sabine Schmucker, kritisiert den Investitionsstau in der Verkehrsinfrastruktur. Angesichts der Schätzung, dass jährlich 100 Brücken in Baden-Württemberg erneuert werden müssten, ist es alarmierend, dass im vergangenen Jahr weniger als zehn Brücken tatsächlich instandgesetzt wurden. In Freiburg besteht mit 18 Bundes- und 17 Landesbrücken der größte Sanierungsbedarf. Sollten die Sanierungstempi nicht gesteigert werden, droht in den nächsten zehn Jahren die Sperrung von 1.700 Brücken.
Zusätzlich verschärfen sich die Herausforderungen durch eine unsichere Wirtschaftslage, Lieferengpässe, steigende Energiekosten und einen drängenden Fachkräftemangel. Die Notwendigkeit von Innovationen in der Branche wird immer deutlicher, um den zunehmenden Wettbewerbsdruck zu bewältigen.
Prognosen für die Zukunft
Blickt man in die Zukunft, deuten Bauexperten erste Anzeichen einer Entspannung ab 2025 an. Die Prognosen für die Bauwirtschaft deuten auf ein stagnierendes Bauvolumen und einen Anstieg der Umsätze um 1,9 Prozent ab 2025 hin. Für die Jahre 2024 und 2025 ist ein augenfälliger Bedarf an energetischen Sanierungen zu erwarten, während der Fachkräftemangel weiterhin die Branche belastet.
Die Bundesregierung hat in den vergangenen Jahren ihre Wohnungsbauziele regelmäßig verfehlt. Der Wohnungsgipfel vom 25. September 2023 präsentierte einen 14-Punkte-Plan, der jedoch als unzureichend bewertet wurde. Mit technologischen Innovationen und einem stärkeren Fokus auf Nachhaltigkeit könnte die Branche jedoch neuen Aufschwung erfahren, was die Herausforderungen der kommenden Jahre angeht.