
Die Wachauer Chronikgruppe hat ihre 16. Broschüre mit dem Titel „Wachau im Sturm der Zeiten – 1923“ veröffentlicht. Die Vorstellung findet am Freitag, den 31. Januar, um 19 Uhr im Bauernstübel im Erbgericht Wachau statt. In diesem Abendwies wird besonders auf Lesungen aus handschriftlichen Gemeinderatsprotokollen und regionalen Zeitungsarchiven eingegangen. Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei, und die Broschüre wird vor Ort erhältlich sein.
Der intensive Einsatz der Chronikgruppe ist bemerkenswert: Über 150 ehrenamtliche Stunden flossen in die Recherche und Aufbereitung des Materials. Das Ziel ist es, Zeitgeschichte erlebbar zu machen und Wissen für alle Generationen zu erhalten. Die Chronikgruppe wurde 2009 von Daniel Hammer und Anni Melzer wiederbelebt. Das Thema 1923 wurde aufgrund aktueller wirtschaftlicher Entwicklungen gewählt, in Anlehnung an die nach wie vor spürbaren Herausforderungen der Hyperinflation.
Die Hyperinflation von 1923
Das Jahr 1923 war geprägt von enormen wirtschaftlichen Turbulenzen in Deutschland. Die Hyperinflation war ein deutsches Trauma, das die Ersparnisse der Bevölkerung über Nacht entwertete. Menschen begannen, ihr Geld in Bündeln zu zählen und transportierten es sogar mit Schubkarren. Die Währungsstabilität war so stark beeinträchtigt, dass Geldscheine oft als Heizmaterial oder Notizpapier verwendet wurden. Zu dieser Zeit hatte der Staat die Möglichkeit, Schulden in einer entwerteten Währung zu begleichen, während die Lasten des Ersten Weltkriegs weiterhin auf der Bevölkerung lasteten.
Die Preisentwicklung war alarmierend; ein Ei kostete zu Beginn des Jahres 270 Mark, während es im September 18 Millionen Mark kostete. Diese extremen Preissteigerungen hatten gravierende Auswirkungen auf die Lebensweise der Menschen. Läden passten sogar ihre Öffnungszeiten an die Bekanntgabe neuer Wechselkurse an. In dieser Zeit wurden im großen Stil Geldscheine gedruckt, darunter auch 100-Billionen-Mark-Scheine.
Die Unfähigkeit, das Vertrauen in die Währung zurückzugewinnen, führte zum Tausch von Geld gegen Sachwerte. Viele Bürger fühlten sich gezwungen, auf Tauschhandel statt auf Geldzahlungen zurückzugreifen. Am 15. November 1923, zu einem Zeitpunkt, als die Inflation ihren Höhepunkt erreicht hatte, war der Wert der Kriegsschulden in Höhe von 154 Milliarden Mark auf nur noch 15,4 Pfennige gesunken.
Gemeinsame Erinnerung und Austausch
Die Chronikgruppe nutzt ihre Plattform nicht nur zur Veröffentlichung der Broschüre, sondern auch zur Förderung von Diskussionen und zum Sammeln persönlicher Geschichten. Diese Absicht wird durch den Geschichtsabend am 31. Januar unterstrichen, der als Gelegenheit dienen soll, sich über diese komplexen Themen auszutauschen.
Die ehrenamtliche Arbeit der Chronikgruppe wird zudem bei verschiedenen Veranstaltungen wie dem Schaf-Woll-Lenz, dem Tag des offenen Denkmals und dem Erntedankfest präsentiert. Die Gruppe arbeitet unter dem Dach des Wachauer Heimatvereins und erhält finanzielle Unterstützung durch den Verkauf ihrer Publikationen sowie durch Spenden.
Die Veröffentlichung der Broschüre und der bevorstehende Geschichtsabend zeigen, dass das Interesse an der Vergangenheit und die Lehren aus der Hyperinflation von 1923 weiterhin relevant sind. Trotz der schweren Zeiten, die die Menschen durchlebt haben, zeigt die Chronikgruppe einen inspirierenden Einsatz, um Erinnerungskultur zu bewahren und den Austausch zwischen Generationen zu fördern.
Die umfassenden Recherchen und die gesammelten Materialien tragen dazu bei, ein differenziertes Bild der Geschichte zu zeichnen, das nicht vergessen werden darf. Die vorliegende Broschüre ist nicht nur eine Quelle des Wissens, sondern auch ein Beitrag zur Beschäftigung mit der Vergangenheit, auf die alle Generationen zurückblicken können.