
Am 1. April 2025 hat die Ampelkoalition in Deutschland weitreichende Leistungskürzungen für sogenannte „Dublin-Flüchtlinge“ beschlossen. Diese Regelungen zielen darauf ab, die Sozialleistungen für Asylbewerber, die über ein anderes EU-Land nach Deutschland eingereist sind, drastisch zu reduzieren. In Baden-Baden kam es bereits zu ersten praktischen Auswirkungen: Zwei türkische Frauen, die Asyl beantragt hatten, wurden aufgefordert, ihre Zimmer in einer Gemeinschaftsunterkunft innerhalb von drei Tagen zu räumen und ihre Asylanträge in Kroatien zu stellen, da sie über dieses Land nach Deutschland gelangt waren.
Die neue Regelung, die seit etwa fünf Monaten in Kraft ist, sieht vor, dass Flüchtlinge, die ihr Verfahren in einem anderen EU-Staat durchführen müssen, in Deutschland nur noch in Ausnahmefällen Sozialleistungen erhalten. Diese Personen erhalten lediglich die Möglichkeit, maximal zwei Wochen Unterstützung zu erhalten. Die Regierung versucht damit, die Betroffenen zur Ausreise zu bewegen, auch wenn das Bundesinnenministerium selbst eingestehen muss, dass eine tatsächliche Ausreise in der Regel länger als zwei Wochen in Anspruch nimmt. Die reformierte Regelung trat am 31. Oktober 2024 in Kraft und schließt die Ansprüche auf Sozialleistungen für Flüchtlinge ohne Duldung nach dieser Frist weitgehend aus, was bei vielen rechtliche Bedenken aufwirft.
Rechtslage und verfassungsrechtliche Bedenken
Nach den neuen Bestimmungen besteht für Personen mit vollziehbarer Ausreisepflicht nur noch ein Anspruch auf eine abgesenkte Asylbewerberleistung für zwei Wochen. Der Leistungsausschluss betrifft jedoch nicht diejenigen mit Aufenthaltsgestattung oder Duldung. Ausnahmen sind lediglich für besondere Härtefälle vorgesehen, bei denen weiterhin Leistungen für das physische Existenzminimum garantieren werden müssen. In den vergangenen Monaten haben verschiedene Sozialgerichte diesen Leistungsausschluss aufgrund europarechtlicher und verfassungsrechtlicher Bedenken wiederholt aufgehoben.
Die bundesweite Erfassung der von diesen Regelungen betroffenen Flüchtlinge wird nicht durchgeführt, wodurch ein vollständiger Überblick über die Situation fehlt. Wie tagesschau.de berichtet, haben acht Bundesländer keinerlei Daten zu Leistungsausschlüssen bereitgestellt, während andere, wie Hamburg und Rheinland-Pfalz, spezifische Fallzahlen veröffentlichen konnten. Diese unklare Datenlage wird von vielen als intransparent und problematisch angesehen.
Politische Diskussion und weitere Maßnahmen
Die Diskussion über Leistungskürzungen geht unter den Parteien weiter. CDU, CSU und SPD führen bereits Gespräche über mögliche weitere Einsparungen im Rahmen der Koalitionsverhandlungen. Hierbei wird unter anderem auch eine Kürzung des Regelsatzes für den Grundleistungsbezug laut tacheles-sozialhilfe.de von 13 bis 19 Euro im Jahr 2025 ins Auge gefasst. Diese Maßnahmen könnten zu erheblichen Ungleichheiten zwischen den Sozialleistungen für Geflüchtete und anderen Sozialhilfen führen. Während in der sozialen Debatte auch von Härtefällen und dem Existenzminimum gesprochen wird, bleibt die Sorge, dass viele Bedürftige unter den neuen Vorgaben leiden werden.
Die EU verfolgt mit ihren Asylbestimmungen, wie im Europarlament festgelegt, das Ziel, schutzbedürftigen Personen, die aufgrund von Verfolgung oder ernsthaften Bedrohungen fliehen, Unterstützung zu gewähren. Dies zeigt sich auch in der Einhaltung des Genfer Abkommens von 1951, welches von den EU-Mitgliedstaaten ratifiziert wurde. Die aktuelle Praxis in Deutschland steht demnach im Konflikt mit den bestehenden internationalen Standards zum Schutz von Asylbewerbern, was die Zukunft dieser politischen Maßnahmen und die Reaktionen auf mögliche Verfassungswidrigkeiten in den Gerichtssälen nachhaltig beeinflussen könnte.