
Am vergangenen Samstag wurde Alice Weidel einstimmig zur ersten Kanzlerkandidatin der Alternative für Deutschland (AfD) gewählt. Dies geschah auf dem Bundesparteitag in Riesa, wo die Wahl per Akklamation stattfand, ohne dass die Stimmen ausgezählt wurden. Der 45-jährigen Politikerin wird dabei eine zentrale Rolle in der zukünftigen politischen Ausrichtung der AfD zugesprochen, die nun offizielle Ansprüche auf Regierungsverantwortung erhebt. Die Partei hat sich in den aktuellen Umfragen als zweitstärkste politische Kraft etabliert, sieht jedoch Schwierigkeiten, geeignete Koalitionspartner für eine Regierungsbildung zu finden. Laut Kölner Stadt-Anzeiger hat Ko-Parteichef Tino Chrupalla Weidel bereits zur „zukünftigen Kanzlerin“ ernannt.
Weidels öffentliches Bild ist geprägt von scharfer Wortwahl und radikalen Äußerungen. Ihre politische Karriere begann 2013, als sie der AfD beitrat, um gegen die Euro-Rettungspolitik der damaligen Bundesregierung Stellung zu beziehen. In ihrer Rede auf dem Parteitag äußerte sie den dringenden Wunsch, die deutschen Grenzen zu schließen, und sprach sich dafür aus, die Absetzung von Windkraftanlagen zu fordern, welche sie als „Windmühlen der Schande“ bezeichnete. Des Weiteren kündigte sie an, den fokussierten Begriff „Remigration“ in das Wahlprogramm der AfD aufzunehmen, der die großflächige Rückführung von Menschen mit Migrationshintergrund beschreibt, und betonte, dass sie auch ausschließlich auf Kernkraft setzen wolle, inklusive der Wiederinbetriebnahme von bereits stillgelegten Kraftwerken. Weidel plant die Abschaffung der Gender Studies an Universitäten und kritisierte die Institutionen für deren vermeintlich ideologisch gefärbte Lehre, ein Thema, das die AfD wiederholt aufgegriffen hat, wie Bundestag.de berichtet.
Proteste und Kontroversen
Der Parteitag in Riesa wurde von massiven Protesten begleitet, die schließlich zu Blockaden und Auseinandersetzungen mit der Polizei führten. Laut Tagesschau protestierten über 12.000 Menschen gegen die Veranstaltung, was die Polizei bei ihren Bemühungen, die Sicherheit zu gewährleisten, vor Herausforderungen stellte. Einige der Demonstranten wurden verletzt, und der Polizeipräsident, Lutz Rodig, betonte, dass die Polizei ihrer Verpflichtung zur Sicherheit des Parteitags nachgekommen sei. Tino Chrupalla nutzte die Gelegenheit, um den Sicherheitskräften für ihren Einsatz zu danken und schloss Protestler in seiner Kritik aus.
Privat lebt Weidel in einer lesbischen Partnerschaft und hat zwei Kinder. Diese Tatsache macht sie zu einer Ausnahme in der von Männern dominierten Partei. Innenpolitisch wird ihr Aufstieg als unerwartet beschrieben, und einige Politikwissenschaftler, wie Anna-Sophie Heinze, verweisen darauf, dass Weidel versucht, von ihrer Homosexualität abzulenken. Politikprofessor Wolfgang Schroeder hingegen äußert, dass Weidel den Rechtsradikalismus in Deutschland beförderte und in ihren Positionen zunehmend zwischen konservativen und radikalen Ansichten pendelt.
Mit der Nominierung Weidels zur Kanzlerkandidatin könnte die AfD möglicherweise eine neue Phase der politischen Mitgestaltung einläuten, die sowohl Kontroversen als auch politische Herausforderungen mit sich bringt.