
Die Türkische Kulturgemeinde in Österreich (TKG) hat eindringlich vor einem Völkermord an Alawiten und Christen in Syrien gewarnt, der durch die Terrorgruppe Hay’at Tahrir al-Sham (HTS) begangen werden soll. In einer am 12. März 2025 veröffentlichten Erklärung forderte die TKG die UNO und die EU zum sofortigen Handeln auf, um das drohende Unheil zu verhindern. Die Organisation behauptet, als erste NGO weltweit vor 70 Tagen auf diese Gefahr aufmerksam gemacht zu haben, und erhebt schwere Vorwürfe gegen den syrischen Interimspräsidenten Ahmed al-Sharaa und seine Regierung.
Hay’at Tahrir al-Sham, eine sunnitisch-islamistische politische und militärische Organisation, spielt eine zentrale Rolle im syrischen Bürgerkrieg. Die Gründung der Gruppe am 28. Januar 2017 erfolgte durch die Fusion mehrerer bewaffneter Gruppen, darunter Jabhat Fateh al-Sham und die Nour al-Din al-Zenki Bewegung. HTS hat in den letzten Jahren eine aggressive Offensive gegen das Assad-Regime durchgeführt, die unter anderem zur Machtübernahme in verschiedenen Regionen Syriens führte. Im Dezember 2024 wurde die Assad-Regierung stark geschwächt, was die Position von HTS in der Region festigte.
Internationale Reaktionen und Menschenrechtsfragen
HTS hat sich auf verschiedene Weise als legitime Regierungsinstanz zu präsentieren versucht, indem sie in Rekonstruktionsprojekte investiert und Beziehungen zu Minderheitengruppen verbessert. Dennoch wurden der Gruppe zahlreiche Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen, einschließlich extrajudizieller Hinrichtungen und Folter. Zudem hindert HTS humanitäre Hilfsmaßnahmen und wird beschuldigt, über Kinder als Kämpfer zu verfügen. Diese Bedenken werden von der TKG in ihrer Warnung an die internationale Gemeinschaft stark unterstrichen.
Der internationale Druck auf Syrien nimmt zu. Carla del Ponte, die ehemalige Chefanklägerin in Den Haag, hat wiederholt die Gräueltaten im syrischen Bürgerkrieg dokumentiert, darunter extreme Foltermethoden. Sie äußerte zudem Frustration über den Mangel an politischem Willen zur Aufklärung der Verbrechen. Während der Internationale Strafgerichtshof aufgrund der fehlenden Vertragsstaatlichkeit Syriens nicht aktiv werden kann, fordern immer mehr Länder, insbesondere in Nordeuropa, die Einrichtung eines internationalen Tribunals.
Politische Entwicklungen und Ermittlungen
In Deutschland hat die Bundesanwaltschaft seit 2011 Ermittlungen zur Lage in Syrien eingeleitet, um Völkerrechtsverletzungen aufzuklären. Jürgen Hardt, außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU, forderte die Unterstützung der UN-Ermittlungskommission durch Russland. In der Zwischenzeit wird intensiv über die rechtliche Verfolgung von Kriegsverbrechen diskutiert.
Die TKGs Warnungen treffen in einem Kontext ein, in dem die Kriegsparteien zunehmend internationalem Druck ausgesetzt sind. HTS hat zwar versucht, sich als eine Art Regierung zu etablieren und sogar einige Kirchen in den von ihnen kontrollierten Gebieten wieder geöffnet, doch die Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen und die interne Zerstrittenheit, die zur Abspaltung einiger ihrer Mitglieder geführt hat, werfen einen Schatten auf diese Bemühungen.
Die komplexen Entwicklungen in Syrien und die Rolle von HTS bleiben ein herausforderndes Thema für die internationale Gemeinschaft, die dringend nach Strategien suchen muss, um sowohl den humanitären Bedürfnissen der Bürger gerecht zu werden als auch den gebotenen Druck auf die verantwortlichen Akteure zu erhöhen.