
Die AfD-Fraktion im Mainzer Stadtrat hat mit einer Anfrage an die Stadtverwaltung für Aufsehen gesorgt. Ziel dieser Anfrage ist die Schaffung von Transparenz über städtische Zuschüsse an verschiedene Vereine und Initiativen für die Jahre 2023 und 2024. Die Sitzung, in der die Anfrage behandelt wurde, fand am 9. April 2025 statt. Die AfD verlangt Informationen über die Empfänger der Gelder sowie über weitere kostenlose Leistungen wie Räumlichkeiten und Werbung.
Insgesamt nennt die Anfrage 53 Organisationen, darunter Amnesty International, Antifa Mainz sowie lokale Gruppen wie den Flüchtlingsrat RLP e. V. Die AfD bezeichnet viele dieser Institutionen als „offen linksradikal“ oder „linksextrem unterstützend“. Kritiker der Initiative werfen der Fraktion vor, damit Vorurteile zu schüren und das Engagement dieser Gruppen im Kampf für soziale Gerechtigkeit zu diskreditieren.
Politische Reaktionen und Widerstand
Die Reaktionen im Stadtrat waren deutlich ablehnend. Die Fraktionen von SPD, Grünen, FDP und Linken äußerten scharfe Kritik an der Anfrage der AfD. Die SPD sprach von einem „Angriff auf die Zivilgesellschaft“, während die Grünen das Vorgehen als „populistische Kampagne“ bezeichneten. FDP und Linke schlossen sich dem Protest an und bezeichneten die Anfrage als unverhältnismäßig.
Eine Rednerin der AfD erklärte, dass die Liste der angefragten Organisationen „nach bestem Wissen und Gewissen“ erstellt wurde, jedoch nicht vollständig sei. Die betroffenen Organisationen, wie das Zentrum für selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen und der Karnevalsverein Schwuguntia, wehren sich vehement gegen die Einstufung als „linksradikal“. Eine offizielle Antwort der Stadtverwaltung auf die Anfrage steht bislang aus.
Das Umfeld für gemeinnützige Vereine
Die Kontroversen in Mainz sind Teil eines größeren Problems, das viele politisch engagierte Vereine betrifft. In der gesamten Bundesrepublik herrscht eine wachsende Sorge um den Gemeinnützigkeitsstatus solcher Organisationen. Dies liegt unter anderem an strengen gesetzlichen Vorgaben, die durch ein Bundesfinanzhof-Urteil von 2019 weiter verschärft wurden. Damals hatte der Bundesfinanzhof entschieden, dass politisches Engagement gemeinnütziger Vereine stark eingeschränkt werden kann, was zu einem Verlust des Gemeinnützigkeitsstatus führen kann.
Vereine wie Attac und Campact haben bereits ihre Gemeinnützigkeit verloren, weil sie als zu politisch aktiv eingestuft wurden. Angesichts dieser Risiken sind zahlreiche Organisationen besorgt. Eine Umfrage ergab, dass 5% der gemeinnützigen Vereine fürchten, dass ihr politisches Engagement ihren Status gefährdet.
In diesem Sinne fordern 164 Vereine in offenen Briefen eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts. Der Koalitionsvertrag der Ampelparteien sieht bereits Maßnahmen vor, um zivilgesellschaftliches Engagement zu stärken. Dabei wird angestrebt, das Gesetz so zu reformieren, dass gelegentliche Äußerungen zu tagespolitischen Themen nicht zum Verlust des Gemeinnützigkeitsstatus führen.
Forderungen und Ausblick
Für eine lebendige und aktive Zivilgesellschaft sind solche Reformen essenziell. Viele Akteure fordern die Erweiterung der Gemeinnützigkeitszwecke um demokratische Werte, Menschenrechte und Antidiskriminierung. Der Handlungsrahmen für zivilgesellschaftliche Akteure in Deutschland wird zunehmend eingeschränkt, was nicht nur die Vielfalt der Organisationen, sondern auch die gesellschaftliche Debatte gefährdet.
Der Druck, den Organisationen durch politische Anfragen wie die der AfD erfahren, verstärkt das Gefühl von Unsicherheit. Es wird von vielen Seiten ein Bedarf an gesetzlichen Maßnahmen und mehr Transparenz gefordert, um die Existenz und die Rechte engagierter Gruppen zu sichern. Eine Reform der Abgabenordnung könnte notwendig sein, um die angesprochenen Probleme zu adressieren und eine stabile, demokratische Kultur in Deutschland zu fördern.
In diesem Kontext bleibt abzuwarten, wie sich die Situation in Mainz und darüber hinaus entwickeln wird, und ob die geforderten Reformen tatsächlich umgesetzt werden, um das zivilgesellschaftliche Engagement zu gewährleisten.