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35 Jahre nach Stasi-Sturm: Ein Blick zurück auf Berlins Wendepunkt!

Am 15. Januar 1990 besetzten Bürger die Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg. Diese historische Aktion sicherte den Zugang zu Stasi-Akten und läutete das Ende der Geheimpolizei ein. Erfahren Sie mehr über die Bedeutung und die Auswirkungen dieses Ereignisses für die Gesellschaft und die Aufarbeitung der SED-Diktatur.

Am 15. Januar 1990 besetzte eine wütende Menge die Zentrale der Staatssicherheit (Stasi) in Berlin-Lichtenberg. Diese Aktion stellte einen Wendepunkt in der Geschichte der DDR dar und war gleichzeitig der Auftakt zur Öffnung einer der weltweit ersten Aktenbestände einer Geheimpolizei. Ralf Drescher, ein Fotograf, war Zeuge der Ereignisse und berichtete von den lautstarken Forderungen der Protestierenden: „Stasi raus“ und „Macht das Tor auf“. Diese Rufe führten schließlich zur Öffnung der Stasi-Zentrale und ebneten den Weg für die Einsicht in die Stasi-Unterlagen, ein wesentlicher Bestandteil der Aufarbeitung der SED-Diktatur. Historiker Stefan Wolle bezeichnete diese Aktion als psychologisch bedeutend, um den Bürgern die Geheimnisse des SED-Regimes vor Augen zu führen und die Sicherung der 111 Regalkilometer an Stasi-Akten zu gewährleisten.

Der Zeitraum nach dem Mauerfall am 9. November 1989 war von großer Unsicherheit geprägt. Historiker Wolle spricht von einem „psychologischen Wechselbad“ für die Bürger, die zuvor große Angst vor der Stasi hatten. Mit der Umbenennung der Stasi in „Amt für Nationale Sicherheit“ war die Weichenstellung zur Auflösung dieser Geheimpolizei bereits angekündigt, doch viele Oppositionelle warnten vor der möglichen Vernichtung wichtiger Akten und forderten deren Erhalt.

Langfristige Folgen der Besetzung

Diese historische Besetzung führte dazu, dass Bürgerkomitees die Wacht über die Stasi-Akten übernahmen. Um den Erhalt der Unterlagen zu sichern, kam es neben der Besetzung auch zu Hungerstreiks. Heute, 35 Jahre später, ist die Einsichtnahme in die Stasi-Unterlagen eine gesamtgesellschaftliche Erfolgsgeschichte. Bis heute wurden über 7,5 Millionen Anträge auf Einsicht gestellt, wobei allein im Jahr 2024 28.571 neue Anträge eingingen. Michael Hollmann, der Präsident des Bundesarchivs, bezeichnete die Einsichtnahme als bedeutend für die Aufklärung jüngerer Generationen über die SED-Diktatur.

Die Stasi-Archive haben auch eine wichtige Rolle bei der Gewährleistung von Transparenz und Versöhnung gespielt. Hollmann hebt hervor, dass das Wissen um das Unrecht, das unter der SED-Diktatur und durch die DDR-Geheimpolizei begangen wurde, für die Gesellschaft von entscheidender Bedeutung ist.

Politische Dimensionen und Zukunft der Aufarbeitung

Die Diskussion um die Zukunft der Stasi-Unterlagen-Behörde ist dabei ein Dauerthema. Der Bundestag plante bis zur Bundestagswahl 2017 eine Entscheidung dazu, doch die Mehrheit der Empfehlungen einer Expertenkommission wurde nicht angenommen. Dennoch unterstützte der Bundestag die Fortführung der Aufarbeitung der SED-Diktatur und beauftragte die Stasi-Unterlagen-Behörde und das Bundesarchiv, ein Konzept zur dauerhaften Sicherung der Stasiakten zu entwickeln. Das Ziel dieser Initiativen ist es, die Sichtbarkeit des Stasiunterlagenarchivs zu gewährleisten und seine internationale Vorbildwirkung zu betonen.

Um die Aufarbeitung der Geschehnisse weiter voranzubringen, wird am 15. Januar 2025 auf dem Campus für Demokratie in Berlin-Lichtenberg an den Jahrestag der Erstürmung erinnert. Geplant sind Ausstellungen, Führungen und eine Podiumsdiskussion. Beteiligt sind Institutionen wie das Bundesarchiv, die Robert-Havemann-Gesellschaft und das Stasimuseum.

Die Aufarbeitung bleibt ein zentrales Anliegen in Deutschland. Wolle und andere Kritiker weisen darauf hin, dass der Vergleich zwischen der Stasi und dem Verfassungsschutz unangemessen ist. Der Verfassungsschutz unterliegt gesetzlichen Vorgaben und Kontrollen, die bei der Stasi nicht vorhanden waren.

So bleibt die Einsichtnahme in die Stasi-Unterlagen nicht nur ein Akt der Aufklärung, sondern auch ein bedeutendes Instrument zur Bewahrung der Erinnerung und zur Stärkung der Demokratie in Deutschland.

Referenz 1
bnn.de
Referenz 2
www.bundesarchiv.de
Referenz 3
www.bpb.de
Quellen gesamt
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