
In der Künstlergemeinde Worpswede finden zurzeit Feierlichkeiten anlässlich der 150. Geburtstage namhafter Künstler statt, darunter die herausragende Malerin Paula Modersohn-Becker, die am 8. Februar 1876 in Dresden geboren wurde und am 20. November 1907 im Alter von nur 31 Jahren in Worpswede starb. Diese Feierlichkeiten sind Teil eines größeren kulturellen Programms, das auf die Bedeutung der lokalen Kunstszene hinweist. Die anstehenden Veranstaltungen sollen nicht nur an die Künstler der Vergangenheit erinnern, sondern auch aktuelle Fragen zur Rolle von Frauen in der Kunstgeschichte aufwerfen.
Im Rahmen dieser Feierlichkeiten wird vom Juni 2025 bis März 2026 eine umfassende Dauerausstellung unter dem Titel „Paula Modersohn-Becker und ihre Weggefährtinnen – Der unteilbare Himmel“ organisiert. In der Ausstellung werden die vier Worpsweder Museen, darunter das Barkenhoff, die Große Kunstschau und die Kunsthalle, integriert sein. Weser-Kurier berichtet, dass die Ausstellung sich dem Streben nach einem freien Leben als Künstlerin sowie der Gleichberechtigung von Frauen widmen wird.
Die Bedeutung der Ausstellung
Die Ausstellung thematisiert nicht nur das künstlerische Schaffen von Paula Modersohn-Becker, sondern auch das der Künstlerin Anahita Razmi, die aktuelle Fragen zur Rolle von Frauen in der Kunst aufwirft. Im Barkenhoff wird das zwischenmenschliche und künstlerische Verhältnis zwischen Paula Modersohn-Becker und Clara Westhoff beleuchtet. Zudem wird die Worpsweder Kunsthalle das Leben von Ottilie Reylaender thematisieren, während das Haus im Schluh die Arbeiten von Martha Vogeler präsentiert. Diese Vielfalt an Perspektiven verdeutlicht den unteilbaren Einfluss der Frauen in der Kunstgeschichte, eine Thematik, die auch in aktuellen Diskussionen über die Marginalisierung von Künstlerinnen verankert ist.
Besonders erwähnenswert ist die Tatsache, dass Paula Modersohn-Becker zu Lebzeiten wenig Beachtung fand und sich außerhalb des etablierten Kunstbetriebs behaupten musste. Ihre Entwicklung als Künstlerin wurde maßgeblich durch ihre Freundschaften mit Künstlerinnen wie Clara Westhoff und Martha Vogeler geprägt. Ihre Zeit um 1900 in Paris war entscheidend für ihre künstlerische Entfaltung.
Paula Modersohn-Becker Kunstpreis 2024
Ein weiterer wesentlicher Bestandteil der Feierlichkeiten ist die Verleihung des Paula Modersohn-Becker Kunstpreises, der am 16. November 2024 im Künstlerdorf Worpswede vergeben wird. Der Preis, der seit seiner erstmaligen Auslobung im Jahr 2010 inzwischen in der achten Auflage verliehen wird, umfasst drei Kategorien: Hauptpreis, Sonderpreis und Nachwuchspreis. Die Ausstellung zu den Nominierten des Preises findet vom 17. November 2024 bis zum 9. März 2025 in den Museen Barkenhoff und Große Kunstschau statt. Ziel des Preises ist es, die identitätsstiftende Bedeutung der bildenden Kunst für die Region zu fördern und Worpswede als Kunstzentrum zu profilieren. Worpswede Touristik hebt hervor, dass für den Hauptpreis seit 2022 Künstler*innen aus ganz Deutschland zugelassen sind.
Mit 336 Bewerbungen in diesem Jahr zeigt der Preis eindrucksvoll seine Etablierung in der deutschen Kunstszene. Die Preise umfassen 7.500 Euro für den Hauptpreis, einen Sonderpreis zur Anerkennung der bildenden Kunst in der Region sowie einen Nachwuchspreis für Künstler*innen bis 32 Jahre.
Ein Blick auf die Kunstgeschichte
In den letzten Jahren hat die Kunsthistorikerin Ingrid Pfeiffer an der Schirn-Kunsthalle in Frankfurt am Main den Beitrag von Frauen in der Kunst und Kultur beleuchtet. Sie betont die Notwendigkeit, die Rolle der Frauen in der Kunstgeschichte umfassend zu dokumentieren. Dies geschieht im Rahmen geplanter Kooperationen mit verschiedenen Museen. Deutschlandfunk Kultur berichtet über die Herausforderungen, vor denen die Sichtbarkeit von Künstlerinnen steht, insbesondere aufgrund der männlich dominierten Kunstliteratur, die oft zur Marginalisierung geführt hat. Viele Menschen kennen nur wenige Künstlerinnen, und es bedarf fortwährender Anstrengungen, das Bewusstsein für ihre bedeutenden Beiträge zur Kunstgeschichte zu fördern.
Die bevorstehenden Ereignisse in Worpswede und die Würdigung von Paula Modersohn-Becker an ihrem 150. Geburtstag sind daher nicht nur ein Rückblick auf ihr Werk, sondern auch ein notwendiger Schritt in Richtung Gleichberechtigung in der Kunstwelt. Die Vision, die das „Zeitenwende“-Projekt verfolgt, zieht sich bis 2027 durch das Programm und beleuchtet Kunst und Kultur in Zeiten des Umbruchs.