
Am 30. März 2025 gab der Übergangspräsident Syriens, Ahmed al-Scharaa, die Bildung einer neuen Regierung bekannt. Diese Maßnahme folgt lediglich vier Monate nach dem Sturz des ehemaligen Präsidenten Baschar al-Assad durch eine Rebellenallianz. Die neue Regierung besteht aus 22 Ministern und soll den Wiederaufbau des Landes vorantreiben, nachdem die Staatsgeschäfte zuvor von einer Übergangsregierung geführt wurden, die nach Assads Absetzung im Dezember 2024 ins Amt kam. Al-Scharaa, der als Chef der islamistischen Gruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) agiert, hat damit ein klares Signal für eine neue politische Ära in Syrien gesetzt.
In einem klaren Zeichen für den gesellschaftlichen Wandel wird mit Hind Kabawat erstmals eine Frau Teil des Ministerkabinetts. Kabawat, die Christin und frühere Oppositionelle ist, übernimmt das Ministerium für Soziales und Arbeit. Raed al-Saleh, der Chef der berühmten Rettungsorganisation Weißhelme, wurde zum Minister für Notfall- und Katastrophenmanagement ernannt. Ehemalige Rebellenvertreter behalten wichtige Schlüsselressorts: Asaad al-Schaibani bleibt Außenminister, und Marhaf Abu Kasra wird weiterhin das Verteidigungsministerium leiten. Darüber hinaus hat al-Scharaa einen Vertrauten, Anas Chattab, als neuen Innenminister berufen.
Politische Herausforderungen
Die Bildung der Regierung ist jedoch nicht ohne Herausforderungen. Der israelische Regierung gegenüber äußert sich zunehmend skeptisch, insbesondere hinsichtlich der neuen islamistischen Führerschaft in Syrien. Israelische Streitkräfte haben bereits militärische Anlagen angegriffen, die sie als Bedrohung wahrnehmen. Al-Scharaa selbst scheint unter dem Druck westlicher und arabischer Staaten zu stehen, die eine repräsentative Regierung fordern, während er weiterhin die Exekutive allein kontrolliert.
Ein zentrales Element dieser neuen politischen Struktur ist die Übergangsverfassung, die Al-Scharaa unterzeichnet hat. Diese sieht vor, dass Syrien für fünf Jahre unter islamistischer Herrschaft bleibt, wobei einige Bestimmungen der vorherigen Verfassung beibehalten werden. Zu den wichtigen Punkten der neuen Verfassung zählen die Festlegung des islamischen Rechts als Hauptquelle der Rechtsprechung sowie Garantien für Meinungs- und Pressefreiheit. Unklar bleibt jedoch, ob die ethnische und religiöse Vielfalt des Landes bei der Ausarbeitung einer dauerhaften Verfassung ausreichend berücksichtigt wird.
Innerstaatliche Konflikte und humanitäre Aspekte
Die jüngsten Entwicklungen in Syrien werfen auch einen Schatten auf die humanitäre Situation im Land. Menschenrechtsorganisationen berichten von hunderten getöteten Zivilisten infolge von Vergeltungsaktionen, die letztlich auf die Unruhen zurückzuführen sind. Die meisten Opfer stammen aus der alawitischen Gemeinschaft, die zuletzt vermehrt unter Verfolgung leidet. Die kurdischen Minderheiten hingegen lehnen den Verfassungsentwurf ab und kritisieren eine zentralistische Herrschaft.
Zusammenfassend zeigt die Bildung der neuen Regierung sowohl die Bestrebungen zur Schaffung eines „starken und stabilen Staates“ in Syrien als auch die tiefen Brüche, die das Land weiterhin prägen. Die Herausforderungen bleiben erheblich, insbesondere angesichts der Vielzahl an Konfliktparteien und der komplexen politischen Landschaft, die durch jüngste Ereignisse noch verstärkt wurde. Die internationale Gemeinschaft und die Regionalmächte stehen angesichts dieser Situation unter Druck, Lösungen zu finden.
Für weiterführende Informationen zu den gegenwärtigen Entwicklungen in Syrien können die Berichte von Süddeutsche, Zeit und RND konsultiert werden.