
In Lettland wird der Verteidungsunterricht ab dem Schuljahr 2025/2026 für Schülerinnen und Schüler der zehnten und elften Klassen verpflichtend. Dies berichtet Tagesschau. In einem Gymnasium in Sigulda, das etwa eine Autostunde von der Hauptstadt Riga entfernt ist, lernen die Schülerinnen den Umgang mit Gewehren, allerdings ohne Patronen, um die Sicherheit zu gewährleisten. Der Unterricht zielt darauf ab, die junge Generation auf den Umgang mit Waffen vorzubereiten. Rund 25 Prozent der lettischen Bevölkerung gehört zur russischsprachigen Minderheit, und das Land sieht sich aufgrund seiner geographischen Lage und der aktuellen politischen Situation in unmittelbarer Gefahr.
Schuldirektor Rudolfs Kalvans hebt die Notwendigkeit des Verteidigungsunterrichts in der aktuellen Weltlage hervor. Einige Schülerinnen, wie Katrina und Romija, berichten, dass es sich für sie normal anfühlt, eine Waffe zu halten, und sie möchten sich auf mögliche zukünftige Ereignisse vorbereiten. Neben dem Waffenunterricht gehören auch Orientierungstrainings ohne GPS oder Handys zum Programm, wobei stattdessen ein Kompass benutzt wird.
Die Auswirkungen des russischen Einflusses
Lettland reagiert auf die Bedrohung durch Russland nicht nur mit Bildung, sondern auch durch militärische Aufrüstung. Das Land produziert den Transportpanzer Patria 6×6, auch bekannt als „Kampftaxi“, zur Stärkung seiner militärischen Fähigkeiten. Diese Produktion erfolgt in einem Werk im nördlichen Lettland, das seit dem letzten Jahr in Betrieb ist. Ziel ist es, militärische Aufgaben eigenständig zu erfüllen, ohne auf Unterstützung anderer Länder angewiesen zu sein.
Das Spannungsfeld zwischen Lettland und Russland ist historisch gewachsen. Russland spielt seit der Unabhängigkeit der baltischen Staaten in den 1990er Jahren eine zentrale Rolle in ihrer außenpolitischen Ausrichtung. Trotz des Beitritts zu NATO und EU im Jahr 2004 bleibt das Verhältnis angespannt. Vor allem die Ukrainekrise 2014 verstärkte die Ängste der lettischen und anderen baltischen Staaten vor russischer Aggression, was auch die militärische Zusammenarbeit innerhalb der NATO vorantreibt, um die Sicherheit zu erhöhen.
Interne Spannungen und Integration
Ein weiteres Problem ist die Integration der russischsprachigen Minderheit in Lettland, die gesellschaftliche Spannungen mit sich bringt. Wie die Bundeszentrale für politische Bildung aufzeigt, befürworten 66 Prozent der Russischsprachigen in Lettland Russlands Vorgehen in der Ukraine, während dies nur 20 Prozent der Letten unterstützen. Diese Meinungsunterschiede und das Gefühl der Ungleichheit tragen zu einem dominierenden „Diskurs der Gefahr“ in Lettland und den angrenzenden Staaten bei.
Die lettische Regierung hat Russisch als Unterrichtssprache aus den Schulen verbannt und verlangt von russischen Staatsbürgern Sprachtests. Wer diese nicht besteht, muss Lettland verlassen. Dies hat zu zusätzlichen Spannungen geführt, insbesondere in Städten wie Daugavpils, wo überwiegend Russisch gesprochen wird. Initiativen wie die von Natalja Palchevska, die das russischsprachige Medium „Tschajka“ gegründet hat, versuchen, eine neutrale Informationsquelle zu bieten und russischer Propaganda entgegenzuwirken.
Angesichts dieser Entwicklungen müssen Lettland und die anderen baltischen Staaten sowohl ihre militärischen Kapazitäten als auch ihre gesellschaftlichen Strukturen weiter stärken. Die NATO bleibt dabei ein wesentlicher Partner, insbesondere vor dem Hintergrund der neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen. Laut CRP Infotec wird eine stärkere europäische Sicherheits- und Verteidigungsidentität angestrebt, um die Abhängigkeit von außereuropäischen Mächten zu verringern und die Sicherheit der Union zu garantieren.