
In einer umfassenden Untersuchung, die sich mit dem Nachhaltigkeitsbewusstsein junger Menschen in der Region Ingolstadt beschäftigt, zeigt Dr. Ann-Kathrin Bremer auf, wie unterschiedliche Engagementlevels das Gefühl der Selbstwirksamkeit beeinflussen. Befragte, die sich aktiv im Kontext nachhaltiger Entwicklung engagieren, weisen signifikante Unterschiede in ihrer Selbstwirksamkeitserwartung auf. Dies wird besonders deutlich bei Personen, die mit der Bewegung „Fridays for Future“ (FFF) vertraut sind. Während solche, die keinen Bezug zu FFF haben, tendenziell eine geringe Selbstwirksamkeitserwartung äußern, berichten Befragte mit hohem Interesse und Engagement darüber, dass sie eine viel höhere Selbstwirksamkeit verspüren, als bereits aktive Mitglieder in der Umweltschutzbewegung. Ähnliche Tendenzen zeigt die Nähe zu Organisationen wie „Greenpeace“.
Bremer, die in ihrer Dissertation mit dem Titel „Nachhaltigkeitsbewusstsein, nachhaltiges Konsumverhalten und Lebensqualität. Die Sicht junger Menschen zwischen 14 und 25 Jahren“ beschäftigt ist und die voraussichtlich 2025 im Verlag Barbara Budrich erscheinen wird, formuliert klare Empfehlungen für die Bildung für nachhaltige Entwicklung. Sie betont, dass es essenziell ist, jungen Menschen zuzutrauen, das Gelernte in die Praxis umzusetzen, und sie dabei eng zu begleiten. Besonders hebt sie die Bedeutung des Service Learning hervor, das ihrer Meinung nach in Schulen und Universitäten stärker implementiert werden sollte.
Einfluss des persönlichen Engagements
Zusätzlich zeigt Bremers Forschung, dass persönliches Engagement einen positiven Einfluss auf die Lebenszufriedenheit hat. Dennoch berichten junge Menschen, die sich stark mit FFF identifizieren, von einer geringeren Lebenszufriedenheit. Diese Diskrepanz könnte auf die strengen Maßstäbe zurückzuführen sein, die sie an ihr eigenes Verhalten und an die Umwelt anlegen. Trotz dieser Herausforderungen betont Bremer, dass ein nachhaltiger Lebensstil keinesfalls im Widerspruch zu hoher Lebensqualität steht.
Im weiteren Verlauf ihrer Untersuchung befragt Darian Eichner im Rahmen seiner Masterarbeit KU-Studierende zum Thema Nachhaltigkeitsbewusstsein. Die anonymisierte Studie, die interessierten Personen die Möglichkeit gibt, bis Ende April online teilzunehmen, nimmt etwa fünf bis zehn Minuten in Anspruch. Dies ermöglicht einen tieferen Einblick in die aktuelle Sichtweise der Studierenden auf Nachhaltigkeit.
Fridays for Future im Wandel
Rainer Grießhammer, ein renommierter Umweltforscher, beobachtet die Entwicklung von FFF als bahnbrechend. Nach mehr als 40 Jahren Erfahrung in der Umweltszene hebt er hervor, dass diese Bewegung sich durch ihre schnelle Entstehung und die Nutzung moderner Kommunikationsmittel wie Internet, Facebook und WhatsApp von früheren Umweltbewegungen unterscheidet. Er erkennt die Veränderungen in der Wahrnehmung der Klimaerhitzung, die sich insbesondere unter den Jugendlichen vollziehen. Diese wissen, dass eine Erderwärmung von drei bis vier Grad ihre Zukunft ernsthaft gefährden könnte.
Grießhammer prognostiziert, dass die durch FFF initiierte Bewegung massive politische und kulturelle Veränderungen mit sich bringen könnte, ganz ähnlich wie die 68er-Bewegung. Er beschreibt, dass Lebensstile in Zukunft weniger von Autos und Billigflügen geprägt sein werden. Dennoch warnt er vor einem unzureichenden Durchbruch in der Klimapolitik und hebt die Notwendigkeit sofortiger Maßnahmen hervor, wie etwa eine schnelle CO2-Steuer, die Rücknahme von Steuererleichterungen im Flugverkehr und einen beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien.
Die Herausforderungen, die Grießhammer sieht, könnten nur mit großflächigen Demonstrationen und überzeugenden Alternativen und Slogans überwunden werden. Fridays for Future hat die Lehren aus früheren Umweltbewegungen schon teilweise verarbeitet, bleibt jedoch oft außerhalb der Schulen aktiv.
Insgesamt wird der Rückhalt der Bewegung und das damit verbundene Engagement junger Menschen in der Region als entscheidend für die Umsetzung nachhaltiger Praktiken und Politiken angesehen. Die Herausforderungen sind sowohl lokal als auch global, und die Zeit wird zeigen, welche langfristigen Veränderungen wirksam umgesetzt werden können.
Für Lehrpersonen und Bildungseinrichtungen wird die Integration von Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in den Unterricht immer wichtiger. Insbesondere in der frühen Bildung werden neue Ansätze benötigt, um Themen wie Ernährung, Müll, Rohstoffe und Klima altersgerecht zu vermitteln. Ein Handbuch für Kitas und Schulen bietet dazu praktische Umsetzungsvorschläge und Materialien, um die Relevanz von BNE zu fördern und auf aktuelle Diskurse zu reagieren.
Die Zukunft liegt in den Händen der Jugend, und ihr Engagement wird entscheidend dafür sein, wie wir die Herausforderungen der Nachhaltigkeit angehen.