
In den letzten Monaten haben die Berichte über gewalttätige Vorfälle in Notaufnahmen zugenommen. Oberarzt Daniel Schäfer und die Pflegeleitung der Klinik Kandel beobachten mit wachsender Besorgnis, dass Aggressionen gegenüber dem medizinischen Personal zum traurigen Alltag geworden sind. Laut ihren Angaben kommt es immer wieder zu Vorfällen, bei denen die Polizei zur Hilfe gerufen werden muss.
Ein erschreckendes Beispiel ereignete sich, als ein Mann mit einem Feuerlöscher einen Kollegen verletzen wollte. In einem weiteren Vorfall attackierte ein 19-Jähriger einen Arzt, nur weil dieser sich nach seinem Gesundheitszustand erkundigte. Am besorgniserregendsten war jedoch ein Vorfall in der Notaufnahme, bei dem ein Angehöriger mit einem Messer drohte, als ihm eine Klinikmitarbeiterin Wasser anbieten wollte. Obwohl der Angriff mit einem späteren Entschuldigung endete, sind solche Vorfälle keineswegs isoliert.
Hintergründe der Gewalt in Notaufnahmen
Ein umfassenderer Blick auf die Thematik zeigt, dass Mitarbeitende in der Notfallversorgung in Deutschland häufig verbale und körperliche Gewalt von Patienten oder Begleitpersonen erfahren. Eine deutschlandweite Querschnittserhebung aus dem Jahr 2020, die von 349 Personen, einschließlich 115 Leitungskräften, durchgeführt wurde, beleuchtet diese Problematik genauer. Unter anderem wurde untersucht, welche Maßnahmen zur Gewaltprävention, -intervention und -nachbereitung vorhanden sind und wie diese von den Beschäftigten bewertet werden.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass eine erhebliche Anzahl der Leitungskräfte von einem fehlenden Sicherheitsdienst berichtet. So gaben 67% an, dass in ihren Einrichtungen kein Sicherheitspersonal zur Verfügung steht, und 56% beklagten, dass gemeldete Gewaltereignisse nicht strukturiert bearbeitet werden. Diese Faktoren tragen zu einer hohen Arbeitsbelastung bei, die die Umsetzung wirksamer Maßnahmen behindert.
Maßnahmen und Empfehlungen
Die Beschäftigten in den Notaufnahmen fordern eine verstärkte Unterstützung durch Vorgesetzte und Klinikleitungen. Die Studie hebt hervor, dass eine strukturierte Dokumentation von Vorfällen erforderlich ist, um die tatsächliche Prävalenz von Gewalt im Gesundheitswesen realistisch abzubilden. Weitere geforderte Maßnahmen umfassen eine Aufstockung des Personals und eine eingeschränkte Zutrittsregelung für Begleitpersonen, um das Risiko von Konflikten zu minimieren.
Die Dunkelziffer an Gewaltvorfällen ist hoch, da viele Angriffe nicht gemeldet werden. Identifizierte Risikofaktoren umfassen Alkohol- oder Drogenkonsum, psychiatrische Erkrankungen sowie hohe Patientenzahlen und lange Wartezeiten. Langfristig gefährdet die Gewalt nicht nur die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden, sondern führt auch zu erhöhten Kosten für die Krankenhäuser, die durch Arbeitsausfälle und geringere Produktivität entstehen.
Die Notwendigkeit einer strukturierten Dokumentation und die konsequente Umsetzung von wirksamen Maßnahmen sind unabdingbar. Die Ergebnisse zeigen, dass lediglich 31% der Leitungskräfte die bestehenden Maßnahmen als erfolgreich erachten, während 59% diese als erfolglos einstufen. Regelmäßige Deeskalationstrainings und mehr Sicherheitspersonal sind zentrale Forderungen, um den Herausforderungen in Notaufnahmen besser begegnen zu können.
Im Hinblick auf die Situation in der Klinik Kandel ist es klar: Es bedarf dringend einer bedeutenden Reform in der Notfallversorgung, um die Sicherheit für medizinisches Personal und Patienten zu gewährleisten. Der Dialog über Gewaltprävention sollte intensiver geführt werden, um die Bedingungen in deutschen Krankenhäusern nachhaltig zu verbessern.
Die Realität des Gesundheitswesens zeigt, dass Gewalt durchaus zum Alltag gehört, doch der erste Schritt zur Veränderung ist eine offene Diskussion. Die Rheinpfalz berichtet von konkreten Vorfällen, die die Dringlichkeit dieser Problematik unterstreichen. Um dem entgegenzuwirken, ist es wichtig, dass alle Beteiligten an einem Strang ziehen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Herausforderungen in der Notfallversorgung komplex sind. Sie erfordern nicht nur kurzfristige Lösungen, sondern auch langfristige Strategien zur Prävention und Intervention, um die Sicherheit aller zu gewährleisten. Die Studienergebnisse untermauern eindrücklich, dass weitere Maßnahmen und Veränderungen unabdingbar sind, damit Gewalt in der Notaufnahme der Vergangenheit angehört.
Für weitere Informationen und Einsichten zu diesen Themen lesen Sie auch die umfassende Studie auf pmc.ncbi.nlm.nih.gov.