
Aktuelle Forschungsarbeiten zeigen alarmierende Zahlen zur Ernährungssituation weltweit. Laut Informationen der Universität Göttingen leiden etwa zwei Milliarden Menschen unter mäßiger bis schwerer Ernährungsunsicherheit und Mikronährstoffmangel. Gleichzeitig gelten 654 Millionen Menschen als extrem arm, was der Definition der Internationalen Armutsgrenze der Weltbank von 2,15 US-Dollar pro Tag entspricht. Diese neuen Erkenntnisse stammen aus einer umfassenden Studie, die in Zusammenarbeit mit Misereor entwickelt wurde.
Die Forschenden um Jonas Stehl, Doktorand an der Universität Göttingen, haben eine neue Methode zur Armutsmessung entwickelt, die den Zugang zu gesunder Ernährung einbezieht. So lebten im Jahr 2022 zwischen 2,3 und 2,9 Milliarden Menschen in Armut, was im direkten Vergleich zu herkömmlichen Maßstäben, die nur auf Einkommen basieren, einen erheblichen Anstieg darstellt. Nach dieser neuen Methodik entfallen mehr als ein Drittel der Armut auf Südasien, gefolgt von Afrika südlich der Sahara.
Globale Ungleichheiten und Ernährung
Ein Blick auf globale Trends offenbart, dass zwei Drittel der armutsgeplagten Menschen in Afrika südlich der Sahara leben. Interessanterweise zeigen die neuen Ansätze, dass 29 bis 35 Prozent der Armen in anderen Regionen liegen, während nach traditioneller Sichtweise nur sieben Prozent der weltweiten Armut außer in Afrika und Südasien verortet werden. In Ostasien und dem Pazifik sind zudem 10 bis 19 Prozent der Bevölkerung betroffen.
Die ungleiche Verteilung von Nahrung ist nicht nur eine Frage des Geldes. Auch zahlreiche soziale Aspekte spielen eine Rolle. Laut der Unabhängigen Gesellschaft für Ernährung ist der Konsum von Fast Food, Fertigprodukten und Süßigkeiten in Deutschland in den letzten Jahren gestiegen. Menschen mit niedrigem Einkommen und geringer Bildung haben es besonders schwer, sich gesund zu ernähren.
Soziologe Paul Nolte weist darauf hin, dass der Konsum von ungesunden Lebensmitteln, anstatt der bloßen Armut, ein zentrales Problem in der Unterschicht darstellt. Es zeigt sich ein eindeutiger Zusammenhang zwischen niedrigem Einkommen, geringem Bildungsstatus und einem höheren Risiko für Übergewicht. Viele sozial benachteiligte Menschen treiben weniger Sport, rauchen mehr und leben häufig in schlechten Wohnverhältnissen, was zu einer Anfälligkeit für Krankheiten wie Herz-Kreislauferkrankungen oder Diabetes führt.
Ernährungsunsicherheit als gesellschaftliche Herausforderung
Die Realität der Ernährung in Armut in Deutschland ist alarmierend. Eine Studie beleuchtet, dass Kinder aus einkommensschwachen Familien überdurchschnittlich häufig unter Übergewicht leiden. Zudem konsumieren sozial benachteiligte Haushalte weniger frisches Obst, Gemüse und fettarme Produkte und greifen stattdessen häufiger zu Konserven und fettreichem Fleisch. Die Hartz-IV-Sätze reichen oft nicht für eine vollwertige Ernährung aus, die im Durchschnitt um ein Drittel teurer ist als kostengünstigere Optionen.
Das Problem verschärft sich, da viele Haushalte finanziell gezwungen sind, Lebensmittel nach Preis auszuwählen, wobei in vielen Fällen die Wünsche der Kinder die Kaufentscheidungen beeinflussen. Fehlende haushälterische Kompetenzen und ein unzureichendes Bewusstsein für gesunde Ernährung tragen ebenfalls zur Fehlernährung in Einkommensschwachen bei. Die Gießener Armutsstudie zeigt, dass alltägliche Probleme oft im Vordergrund stehen, anstatt sich auf eine Ernährungsumstellung zu konzentrieren.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Hunger und Fehlernährung nicht gleichmäßig verteilt sind und ihre Ursachen oft in ökonomischen und politischen Ungleichheiten liegen. Laut der Global Hunger Index sind etwa 800 Millionen Menschen direkt vom Hunger betroffen, während ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung fettleibig ist. Ein Drittel der Nahrungsmittel wird zudem verschwendet, was die Bedeutung einer kritischen Analyse der Machtverhältnisse im Ernährungssystem unterstreicht.