
In Deutschland regt sich eine Diskussion über den Wiedereinstieg in die Atomkraft. Eine aktuelle Umfrage hat ergeben, dass 55 Prozent der Befragten einer Rückkehr zur Kernenergie zustimmen. Diese Umfrage, durchgeführt im Auftrag des Vergleichsportals Verivox, umfasst 1.007 Teilnehmer, die zwischen dem 27. und 31. März befragt wurden. Bemerkenswert ist, dass nur 36 Prozent eine erneute Nutzung der Atomkraft ablehnen, während 9 Prozent unentschieden sind. Diese Ergebnisse sind besonders relevant, da Deutschland Mitte April 2023 den endgültigen Ausstieg aus der Kernenergie vollzogen hat, als die letzten drei Atomkraftwerke abgeschaltet wurden, was die Debatte neu entfacht hat.
Die Bundesregierung hatte ursprünglich beschlossen, die Reaktoren länger zu betreiben, bedingt durch die Energiekrise infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. In der politischen Landschaft wird die Frage des Atomkraft-Wiedereinstiegs insbesondere von der Union behandelt, die laut ihrem Wahlprogramm prüfen möchte, ob die stillgelegten Kernkraftwerke zurück in Betrieb genommen werden können. Von den Befragten sprechen sich 32 Prozent für den Wiederbetrieb von abgeschalteten AKWs und den Neubau weiterer Kraftwerke aus, während 22 Prozent nur die zuletzt stillgelegten Meiler wieder aktivieren möchten.
Gegensätzliche Ansichten zur Energiequelle
Besonders interessant ist das Geschlechterverhältnis in den Umfrageergebnissen: Männer zeigen eine stärkere Zustimmung zur Kernkraft im Vergleich zu Frauen. Dennoch gibt es auch eine klaren Trend zu erneuerbaren Energien, der von 57 Prozent der Befragten befürwortet wird. Lediglich 17 Prozent lehnen diese Form der Energieversorgung ab. Thorsten Storck von Verivox führt aus, dass für viele das Festhalten an der Kernenergie und der gleichzeitige Ausbau erneuerbarer Energien kein Widerspruch darstellen.
Im Kontext dieser Entwicklungen bestätigen weitere Umfrageergebnisse des forsa-Instituts, das im Auftrag der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) eine repräsentative Umfrage durchgeführt hat. Diese zeigt, dass die Deutschen zunehmend auf erneuerbare Energien setzen und eine stärkere Unabhängigkeit von Energieimporten wünschen. Besonders beliebt sind Solarenergie mit 76 Prozent Zustimmung und Windkraft, die von 70 Prozent befürwortet wird. Nur 29 Prozent der Befragten sprachen sich für eine verstärkte Nutzung der Kernenergie aus.
Generationsunterschiede im Energieverständnis
Die Umfrageergebnisse verdeutlichen zudem, dass insbesondere die jüngeren Altersgruppen und die über 60-Jährigen die erneuerbaren Energien als Schlüssel zur Energieunabhängigkeit sehen. Über 70 Prozent in allen Altersgruppen unterstützen eine stärkere Nutzung von Solarenergie. Im Gegensatz dazu wird die Akzeptanz von Kohle als unzureichend empfunden: bei den 45- bis 59-Jährigen liegt die Zustimmung dafür lediglich bei 2 Prozent.
DBU-Generalsekretär Alexander Bonde betont den Einfluss geopolitischer Ereignisse auf die Diskussion um verschiedene Energieträger. Der Weltklimagipfel COP29 in Baku endete mit enttäuschenden Ergebnissen, insbesondere hinsichtlich der geplanten finanziellen Unterstützungen für Entwicklungsländer.
Insgesamt zeigt die aktuelle Debatte um die Atomkraft und erneuerbare Energien, dass die deutschen Bürger sowohl im Hinblick auf die Technologie als auch auf die geopolitischen Umstände gespalten sind. Die jüngsten Umfrageergebnisse werfen die Frage auf, wie Deutschland in Zukunft seine Energiepolitik gestalten möchte, und ob der Weg zurück zur Atomenergie tatsächlich ein gangbarer ist.