
Eine neue Studie des Heidelberg Institute of Global Health hat bedeutende Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen der Gürtelroseimpfung und dem Demenzrisiko veröffentlicht. Die Ergebnisse, die heute in der Fachzeitschrift Nature erschienen sind, zeigen, dass die Impfung das Demenzrisiko um 20 Prozent über einen Zeitraum von sieben Jahren senkt. Dr. Markus Eyting von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz sowie Dr. Min Xie haben die Studie geleitet, die auf Daten aus dem Impfprogramm in Wales zurückgreift, das im Jahr 2013 begann.
Der Ansatz dieser Studie ist besonders bemerkenswert, da sie auf einem „natürlichen Experiment“ beruht. Dabei wurden Personen, die vor dem 2. September 1933 geboren wurden, die nicht für die Impfung qualifiziert waren, mit denen verglichen, die am oder nach diesem Datum geboren wurden und somit geimpft werden konnten. Diese Methode namens Regressions-Diskontinuitäts-Design wird häufig in der Ökonomie verwendet, jedoch selten in der klinischen Forschung, was die neuartigkeit der Untersuchung unterstreicht.
Wissenschaftlicher Kontext und neue Perspektiven
Ein zentrales Anliegen der Forscher war es, einen kausalen Effekt der Gürtelroseimpfung auf das Demenzrisiko zu demonstrieren und nicht nur eine bloße Korrelation. Dies war insbesondere notwendig, um Verzerrungen in vorherigen Studien zu vermeiden. Seniorautor Pascal Geldsetzer von der Stanford University betonte, dass geimpfte Personen oft ein anderes Gesundheitsverhalten aufweisen, was es schwierig macht, direkte Vergleiche zu ziehen. Durch den Vergleich von Senioren, die in der Woche vor und nach dem Stichtag 80 Jahre alt wurden, konnten die Forscher eine signifikante Differenz feststellen.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass geimpfte Senioren seltener an Demenz erkranken. Dieses Ergebnis bleibt auch dann signifikant, wenn andere Einflussfaktoren berücksichtigt werden. Die Gürtelroseimpfung könnte somit eine kostengünstigere und effizientere Präventionsmaßnahme gegen Demenz darstellen, was die Forscher als vielversprechend bewerten.
Die Rolle von Virusinfektionen
Die Studie unterstützt zudem die Hypothese, dass Virusinfektionen, insbesondere durch Herpesviren, einen Einfluss auf die Entstehung von Demenzen haben könnten. Frühere Analysen haben bereits Hinweise darauf gegeben, dass das Gürtelrose-Virus (Herpes Zoster) an der Entwicklung von Demenzerkrankungen beteiligt sein könnte. Das Virus befallt Nervenzellen und kann Entzündungen des Gehirns hervorrufen, was die gesundheitlichen Risiken für ältere Menschen erhöht.
Martin Korte vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung bezeichnet die Analyse als überzeugenden Beleg für den Zusammenhang zwischen Virusinfektionen und Demenzrisiko. Die genauen Mechanismen, die erklären, warum die Impfung das Demenzrisiko senkt, sind jedoch noch unklar und werden weiteren Forschungsbedarf nach sich ziehen.
Insgesamt zeigt die Studie, dass die Gürtelroseimpfung nicht nur einen direkten gesundheitlichen Vorteil bietet, sondern auch potenzielle Schutzwirkungen gegen Demenz in der älteren Bevölkerung bereithält. Dr. Eyting sieht durch diese Erkenntnisse neue Chancen zur Bewertung von Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit. Weitere Studien sind notwendig, um die genauen Mechanismen und Effekte zu untersuchen.
Die Veröffentlichung der Ergebnisse hat das Potenzial, die Diskussion über Präventionsstrategien im Gesundheitswesen erheblich zu beeinflussen. In einer Zeit, in der die älter werdende Bevölkerung mit Herausforderungen wie Demenz konfrontiert ist, könnte die Gürtelroseimpfung ein entscheidendes Werkzeug zur Verbesserung der Lebensqualität älterer Menschen darstellen.