
Die Nationalpolitische Erziehungsanstalt (Napola) in Potsdam, die von 1933 bis 1945 existierte, stellt ein düsteres Kapitel in der Geschichte der Erziehung im Nationalsozialismus dar. Hans Müncheberg, ein 95-jähriger Zeitzeuge, blickt auf seine Kindheit zurück, die mit seinem Eintritt in die Napola im Jahr 1940 endete. Als er mit nur 10 Jahren die beeindruckenden Türen dieser Bildungseinrichtung öffnete, sah er darin eine Fluchtmöglichkeit aus seinem zerrütteten Elternhaus. Heute steht auf diesem historischen Gelände der Amtssitz des Brandenburger Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD), berichtet MAZ.
Die Napola in Potsdam war eine der ersten ihrer Art im nationalsozialistischen Deutschland. Insgesamt entstanden während des Dritten Reiches 40 Napolas, darunter zwei weitere im „Reichsgau“ Mark Brandenburg. Jährlich bewarben sich rund 400 Jungen aus ganz Brandenburg auf die wenigen freien Plätze, wobei die Anforderungen an die Schüler äußerst rigide waren. Dazu gehörte der Nachweis der „arischen Abstammung“ sowie Tests in unterschiedlichen Unterrichtsfächern. Interessanterweise stammte die Mehrheit der Schüler aus der Mittelschicht; nur etwa 10% erhielten Stipendien, um Kindern aus finanziell benachteiligten Familien eine Chance zu geben.
Die Struktur und Ideologie der Napola
Die Anstalt hatte einen militärischen Alltag, der sich durch strenge Disziplin und kaum Privatsphäre auszeichnete. Mutproben und Wettkämpfe waren integraler Bestandteil des Erziehungsprogramms. Die Erzieher waren oftmals Mitglieder der NSDAP oder der SS, was auf eine tiefgreifende ideologische Prägung hinweist. Müncheberg selbst schildert, dass er große Schwierigkeiten hatte, sich in dieser strengen Umgebung einzugewöhnen. Einmal versuchte er sogar zu fliehen, wurde jedoch erwischt. Nach vier Jahren, in denen er an der Napola ausgebildet wurde, meldeten sich viele Schüler, darunter auch Müncheberg, freiwillig zum „Volkssturm“.
Die hauptsächliche Aufgabe der Napola war die Ausbildung des nationalsozialistischen Führernachwuchses. Hierbei wurden die Jungen nicht nur akademisch, sondern auch militärisch und ideologisch geschult. Einige mutmaßliche Ähnlichkeiten bestehen zu den britischen Privatschulen wie Eton, von denen das nationalsozialistische System sich inspirieren ließ. Die Schüler trugen Uniformen und waren verpflichtet, während der Ferienzeiten Dienstpflichten in der Hitler-Jugend zu übernehmen, was ihre vollständige Unterordnung in das nationalsozialistische System widerspiegelt. gemäß Wikipedia.
Nachkriegsreflexionen und Erinnerungen
In der Rückschau bemerkt Müncheberg, dass seine Lehrer kaum kritisch über ihre Rolle während der nationalsozialistischen Zeit reflektierten; viele von ihnen begannen ein neues Leben in Westdeutschland. Sein ehemaliger Schulleiter, Otto Calliebe, der tatsächlich plante, seine Schüler an die Front zu schicken, stellte ein exemplarisches Beispiel für die Verstrickung der Bildungselite in die Kriegsmaschinerie dar. Er arbeitete bis 1964 als Gymnasiallehrer in Niedersachsen.
Die Ausstellung zur Geschichte der Napola in Potsdam betrachtet die Evolution der nationalsozialistischen Bildung und sucht aktiv nach Erinnerungen, Dokumenten und Bildern von Zeitzeugen. Diese bedeutende Initiative zielt darauf ab, die schrecklichen Ausbildungspraktiken und die ideologische Verblendung der damaligen Zeit aufzuarbeiten. Ansprechpartner Dr. Sebastian Stude lädt alle Betroffenen ein, ihre Schicksale zu teilen, um ein vollständigeres Bild dieser dunklen Ära zu erhalten, erläutert die Landeszentrale für politische Bildung Brandenburg.
Die Nachwirkungen der Napola und der nationalsozialistischen Erziehung prägen nicht nur die Erinnerungen von Zeitzeugen wie Hans Müncheberg, sondern auch die heutige gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dieser düsteren Phase der deutschen Geschichte. Es ist unerlässlich, diese Aspekte der Erziehungsgeschichte zu reflektieren, um sie in den Kontext der gegenwärtigen gesellschaftlichen Werte zu setzen.