
Gut 200 deutsche Unternehmen sind derzeit mehrheitlich oder vollständig im Besitz chinesischer Anteilseigner*innen. Diese Entwicklungen an den Schnittstellen zwischen Deutschland und China erweisen sich zunehmend als komplex und vielschichtig. Laut einem Bericht der Hans-Böckler-Stiftung stehen chinesische Investoren und Manager*innen im Fokus, da sie die Unternehmenskultur in den betroffenen Unternehmen erheblich verändern. Dies betrifft insbesondere die Mitbestimmung der Beschäftigten, wie die Betriebsräte in zahlreichen Fällen berichten.
Hauptprobleme, die in der Zusammenarbeit zwischen den deutschen Betriebsräten und den chinesischen Führungskräften festgestellt wurden, umfassen eingeschränkten Zugang zu Informationen, Sprachbarrieren und ein paternalistisches Management. Parteirichtlinien der chinesischen Unternehmen schränken zudem häufig die Entscheidungsfreiheit der Manager*innen vor Ort ein. Die Studie zeigt, dass es keine aktiven Versuche gibt, die Arbeit der Betriebsräte direkt zu behindern. Allerdings ist eine mangelnde Ansprechbarkeit der chinesischen Gesellschafter*innen und Manager*innen ebenfalls ein großes Hindernis für eine effektive Zusammenarbeit.
Übernahme-Statistiken und Auswirkungen
Die Studie dokumentiert, dass zwischen 2001 und 2023 insgesamt 294 Unternehmen von chinesischen Investoren übernommen wurden. Aktuell werden 205 dieser Unternehmen weiterhin von chinesischen Eigentümern geführt. In der gleichen Zeitspanne wurden 39 Unternehmen geschlossen, vier stehen vor Insolvenz- oder Restrukturierungsverfahren. Außerdem wurden 46 Unternehmen weiterverkauft, meist an nicht-chinesische Käufer.
Ein Rückblick auf die Übernahmedynamik zeigt, dass diese in den letzten Jahren gesunken ist, insbesondere wenn man die Zeitreihe der 2010er Jahre betrachtet. Von 2021 bis 2023 fanden lediglich 17 Übernahmen statt. Die Gründe für diesen Rückgang sind vielfältig. Eine abgeschwächte Konjunktur in China, erhöhte Übernahmeprüfungen durch die Bundesregierung und veränderte Strategien der chinesischen Investoren spielen hierbei eine maßgebliche Rolle.
Chinesische Investitionen: Kontext und Entwicklungen
China hat sich zwischen 2020 und 2023 mit 660 „Greenfield“- und Erweiterungsinvestitionen als drittgrößter Investor in Deutschland positioniert, nach den USA und der Schweiz. Mehr als die Hälfte der chinesischen Investoren beriefen Landsleute in die Geschäftsführung deutscher Tochtergesellschaften. Diese Vorliebe für nationale Vertraute in Führungspositionen führt jedoch oft zu Schwierigkeiten für die Betriebsräte, insbesondere was den Zugang zu Informationen betrifft. Hier wirken Sprachbarrieren und der oft fehlende Zugang zu Informationen hemmend.
Die chinesischen Manager*innen haben häufig kaum Entscheidungsfreiheit, da sie stark an Vorgaben von der Zentrale in China gebunden sind. Dies wird verstärkt durch die Tatsache, dass in chinesischen Staatskonzernen die Parteivorgaben eine zentrale Rolle spielen und zu einer vorsichtigen Entscheidungsfindung führen. Vor diesem Hintergrund stellt die Studie fest, dass sich die Bedingungen für die Mitbestimmung nach dem Einstieg chinesischer Investoren verschlechtern.
Die Bundesregierung hat seit 2017 die Außenwirtschaftsverordnung verschärft, um ausländische Investitionen stärker zu kontrollieren. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, Wettbewerbsverzerrungen durch staatlich gelenkte Programme, insbesondere durch „Made in China 2025“, zu beheben. Diese regulatorischen Verschärfungen wurden als Reaktion auf die Zunahme der chinesischen Investitionen in Deutschland und der damit verbundenen Risiken initiiert. Ein langfristig faires Wettbewerbsumfeld zwischen China und Europa ist das erklärte Ziel der aktuellen politischen Strategien.
Insgesamt zeigt sich, dass trotz der Herausforderungen, die mit chinesischen Beteiligungen und Übernahmen verbunden sind, sowohl Chancen als auch Risiken bestehen. Die Rolle Deutschlands in diesem globalen Investitionsspiel bleibt entscheidend, wenn es darum geht, die wirtschaftliche Bedeutung Chinas strategisch zu nutzen und gleichzeitig faire Wettbewerbsbedingungen zu fördern. Um den negativen Einfluss auf die Mitbestimmung und die Schaffung eines positiven Investitionsklimas zu adressieren, wird empfohlen, überregionale gewerkschaftliche Taskforces zu bilden.