
Benjamin Netanjahu, der israelische Regierungschef, hat Ungarn besucht, trotz eines laufenden internationalen Haftbefehls gegen ihn. Dieser Haftbefehl wurde im November 2023 vom Internationalen Strafgerichtshof erlassen und bezieht sich auf mutmaßliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie Kriegsverbrechen während des Gaza-Kriegs. Ungarns Regierungschef Viktor Orbán hat bereits erklärt, dass man den Haftbefehl nicht vollstrecken wird, was den Besuch von Netanjahu erst möglich macht. Diesbezüglich berichtet die ZVW.
Der Internationale Strafgerichtshof hat keine eigene Polizeimacht und ist auf die Kooperation der Vertragsstaaten angewiesen. Ungarn zählt zu diesen 125 Staaten, die das Römische Statut ratifiziert haben. Dieses Statut verpflichtet die Mitgliedsländer, Haftbefehle des Gerichts auszuführen. Der Gerichtshof hat klargestellt, dass Staaten nicht einseitig über die Rechtmäßigkeit seiner Entscheidungen entscheiden können. Versäumt ein Staat seine Pflicht, kann der Fall der Vertragsstaatenkonferenz vorgelegt werden, die dann über mögliche Maßnahmen entscheidet.
Europäische Reaktionen auf den Haftbefehl
Mit dem Besuch von Netanjahu in Ungarn ist das Land das erste europäische, das ihn nach Ausstellung des Haftbefehls empfängt. Auch andere europäische Staaten wie Frankreich, Italien und Polen haben angedeutet, dass sie den Haftbefehl nicht vollstrecken wollen. Diese Situation wirft Fragen zur juristischen Integrität der Mitgliedsstaaten auf und wird weiterhin im internationalen Recht beobachtet.
Friedrich Merz, ein möglicher künftiger Bundeskanzler Deutschlands, hat ebenfalls angekündigt, Netanjahu zu einem Besuch nach Deutschland einzuladen, ohne dass dieser in irgendeiner Form festgenommen wird. Dies könnte die Debatte über die Verantwortung Deutschlands im Bereich des Völkerrechts neu entfachen.
Die Bedeutung für das Völkerrecht
Die Diskussion um die Verhaftung und das Vorgehen gegen mutmaßliche Kriegsverbrecher wird im Kontext der internationalen Rechtsprechung immer relevanter. So berichtet die Deutschlandfunk, dass Professor Claus Kreß, der als Berater des Internationalen Strafgerichtshofs tätig ist, die Urteile deutscher Gerichte in Bezug auf Menschenrechtsverletzungen als „Pionierleistungen“ bezeichnet hat. Diese betreffen unter anderem Fälle von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord.
Kreß hebt hervor, dass die Expertise in Deutschland vorhanden ist, jedoch an finanzieller Mittel fehlt, um die Justiz bei der Bearbeitung solcher Fälle zu stärken. Dabei ist es entscheidend, die Immunität von Amtsträgern bei Völkerrechtsstraftaten zu überprüfen und dafür zu sorgen, dass Deutschland den Internationalen Strafgerichtshof auch in politisch angespannten Situationen unterstützt.
Die aktuellen Entwicklungen rund um Netanjahu und den internationalen Haftbefehl eröffnen somit eine komplexe Diskussion über die Einhaltung internationaler Gesetze und die Verantwortlichkeiten der Staaten in solchen Angelegenheiten.