
In Spandau, Berlin, sorgt die Skulptur „Adler-Horst mit Gelege“, die seit 90 Jahren auf einem Kinderspielplatz steht, für hitzige Diskussionen. Die Bronze-Statue zeigt einen Adler, der seine Jungtiere beschützt, wurde 1935 von dem Bildhauer Max Esser (1885-1945) geschaffen und steht in der Kritik, da sie als potenziell „gefährlich“ für Kinder betrachtet wird, aufgrund ihrer Assoziation mit dem Nationalsozialismus. Diese Bedenken wurden insbesondere von Gudrun O’Daniel-Elmen, der Erinnerungsbeauftragten der evangelischen Kirche, geäußert, die das Kunstwerk als „martialisches Nazi-Machwerk“ bezeichnete.
Esser, der für die Nationalsozialisten arbeitete, gelangte während des Regimes zu Ansehen und wurde 1944 auf die „Gottbegnadeten-Liste“ gesetzt, die die bedeutendsten Künstler des Dritten Reiches auflistete. Er war bekannt für seine Tierbildhauerei und hatte für verschiedene Porzellanmanufakturen gearbeitet. Seine Arbeiten sind weiterhin käuflich, etwa bei der Meißner Porzellanmanufaktur, wo Preise zwischen 669 und 28.500 Euro liegen. Eine seiner bekanntesten Kreationen, eine Fischotter-Plastik, erhielt 1937 beim Grand Prix auf der Weltfachausstellung in Paris eine Auszeichnung.
Kritik und Diskussion
Die Diskussion über die Skulptur ist durch verschiedene Fraktionen im Bezirksparlament befeuert worden. Während der CDU-Politiker Arndt Meßner vorschlägt, das Kunstwerk zu erklären statt abzubauen, fordert Matthias Unger von der FDP eine „wissenschaftlich fundierte Untersuchung“ zur Einstufung der Skulptur als Nazi-Symbol. Die Grünen hingegen ziehen in Betracht, eine Erklärungstafel zu installieren oder das Kunstwerk in die Zitadelle Spandau zu verlegen.
An der kommenden Eigentümerversammlung der Gewobag, die Mit-Eigentümer des Spielplatzes ist, soll über das weitere Vorgehen beraten werden. Diese von der evangelischen Kirche angestoßene Diskussion zeigt die Herausforderungen auf, die sich aus der gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit Kunstwerken ergeben, die aus einer Zeit stammen, die durch verbrecherische Ideologie geprägt war.
Der historische Kontext
Der Kontext der Kunst im Nationalsozialismus ist entscheidend für das Verständnis solcher Debatten. Der Einfluss von Alfred Rosenberg, einer der führenden Ideologen des NS-Regimes, führte dazu, dass viele Künstler, die nicht „arischer“ Abstammung waren oder deren Werke der NS-Kulturpolitik widersprachen, aus dem öffentlichen Leben verbannt wurden. Mit der Gründung der Reichskulturkammer 1933, die unter Joseph Goebbels stand, wurde das künstlerische Schaffen gleichgeschaltet und überwacht. Die Vielfalt der Kunst der Weimarer Republik wurde als unbeantwortbar angesehen, und avantgardistische Strömungen wurden vehement abgelehnt und verfolgt.
Vor diesem historischen Hintergrund bleibt die Diskussion um die Skulptur in Spandau ein sensibler Prüfstein für den Umgang mit der Nazi-Kunst und deren Erbe. Es ist ein balancierter Versuch, die kulturellen und historischen Wurzeln zu erkennen, während gleichzeitig die Verletzungen der Vergangenheit gewürdigt werden sollen.
Insgesamt wird die Auseinandersetzung mit der Skulptur „Adler-Horst mit Gelege“ sicherlich auch in Zukunft weitergehen, während die Gesellschaft versucht, einen respektvollen und informierten Umgang mit ihrer Geschichte zu finden.