
Am 5. April 2024 findet in Oldenburg eine Mahnwache zur Erinnerung an den Brandanschlag auf die örtliche Synagoge statt. Die Veranstaltung wird von Kathleen Renken organisiert und zielt darauf ab, ein gemeinsames Eintreten für das friedliche Zusammenleben aller Religionen und Weltanschauungen zu fördern. Veranstalter sind der Arbeitskreis Religionen Oldenburg, die Kirchen sowie die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Oldenburg. Die Mahnwache beginnt um 19:30 Uhr in der Alten Synagoge in der Petersstraße.
Der Brandanschlag, der am 5. April 2023 verübt wurde, sorgt bis heute für Entsetzen. Ein junger Mann hatte einen Brandsatz gegen die Eingangstür der Synagoge geworfen. Glücklicherweise entdeckten zwei Hausmeister eines benachbarten Kulturzentrums das Feuer und konnten es schnell löschen, wodurch Verletzungen vermieden wurden. Die Polizei reagierte umgehend und bildete eine Ermittlungsgruppe unter der Leitung des Staatsschutzes. Nach der Ausstrahlung des Falls in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY … Ungelöst“ kam es Ende Januar 2024 zur Festnahme eines Verdächtigen aus dem Landkreis Vechta, der ein Geständnis ablegte und sich nun in Untersuchungshaft befindet.
Antisemitismus im Fokus
Die Vorfälle in Oldenburg sind Teil eines größeren Problems: Antisemitismus in Deutschland. Laut einer Untersuchung des Bundeszentrale für politische Bildung ist Antisemitismus eine moderne Form der Judenfeindschaft, die ihren Ursprung im späten 19. Jahrhundert hat. Diese Form entwickelte sich aus völkisch-nationalistischen und antimodernen Bewegungen und hat den zuvor verbreiteten christlich geprägten Antijudaismus weitgehend abgelöst. Die „Antisemitenliga“, gegründet 1879, machte den Begriff des Antisemitismus populär. bpb.de berichtet, dass bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs der Begriff vorwiegend zur nationalistischen Selbstaufwertung diente.
In der heutigen Bundesrepublik Deutschland wird judenfeindliche Äußerung sowohl staatlich als auch durch die Zivilgesellschaft sanktioniert. Die Ausdrucksformen von Antisemitismus sind jedoch oft subtiler geworden. Anstelle offener Äußerungen wird häufig, wie die bpb erläutert, eine „Kommunikationslatenz“ sichtbar, wobei antisemitische Ansichten über rhetorische Umwege wie sekundären Antisemitismus oder Antizionismus geäußert werden. Diese Umwege führen dazu, dass antisemitische Narrative, wie die Behauptung einer „jüdischen Weltverschwörung“, weiterhin verbreitet sind.
Antisemitische Straftaten und gesellschaftliche Einstellungen
Die Erfassung und Auswertung antisemitischer Straftaten zeigt eine besorgniserregende Entwicklung. Die Dunkelziffer ist hoch, da viele Taten nicht angezeigt werden oder nicht als antisemitisch eingestuft werden. Zwischen 2001 und 2015 wurde ein Höchststand von 1.809 antisemitischen Straftaten im Jahr 2006 registriert. Umfragen unterstreichen die verbreitete Präsenz antisemitischer Vorurteile in der Bevölkerung, wobei bereits im Jahr 2016 26% der Befragten sekundärem Antisemitismus zustimmten und 41% der Meinung waren, dass Juden die deutsche Vergangenheit ausnutzten. Antisemitismus, insbesondere in seiner Beziehung zu Israel, bleibt ein komplexes und vielschichtiges Problem in der Gesellschaft.
Die geplante Mahnwache in Oldenburg steht somit im Kontext einer dringend benötigten gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit Antisemitismus und dessen Ausdrucksformen. Die Initiative signalisiert ein starkes Zeichen gegen Judenfeindlichkeit und ein Bekenntnis zu Vielfalt und Toleranz in Deutschland.