
Die politischen Spannungen zwischen der Europäischen Union (EU) und der Türkei haben einen neuen Höhepunkt erreicht. Die Festnahme des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu, der als Hauptkonkurrent von Präsident Recep Tayyip Erdogan für die Präsidentschaftswahlen 2028 gilt, hat nicht nur in der Türkei, sondern auch international Besorgnis ausgelöst. Eine Einordnung dieser Entwicklungen zeigt, wie fragile die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei sind.
Manfred Weber, der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP) und CSU-Vize, hat den Kurs Erdogans scharf kritisiert. Er betont, dass die Grundlagen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen der EU und der Türkei gefährdet sind, solange gemeinsame Werte nicht respektiert werden. Dies umfasst auch die besorgniserregende Nutzung der Justiz als politische Waffe innerhalb der Türkei, die durch die Festnahme Imamoglus manifestiert wird. Er wurde wegen Behauptungen der Korruption und Terrorismus in Gewahrsam genommen und vorübergehend als Bürgermeister abgesetzt, was massiven Protest gegen die Regierung zur Folge hatte [Merkur] berichtet, dass Imamoglu die Vorwürfe bestreitet und seine Festnahme als politisch motiviert ansieht.
Proteste und internationale Reaktionen
Die Festnahme von Imamoglu hat landesweite Proteste ausgelöst, die die größten seit den Gezi-Demonstrationen im Jahr 2013 sind. Zehntausende Menschen demonstrierten gegen die Regierung, während die Polizei mit Wasserwerfern, Tränengas und Pfefferspray gegen die Protestierenden vorging. Hunderte von Festnahmen sind ebenfalls eine Realität dieser unrestvollen Situation [Welt] berichtet.
International gab es unmittelbare Reaktionen auf Imamoglus Inhaftierung. Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, hat die Türkei aufgefordert, rechtsstaatliche Regeln einzuhalten. Olaf Scholz bezeichnete die Festnahme als „bedrückend für die türkische Demokratie und unser Verhältnis“, gleichzeitig bleiben jedoch konkrete Schritte zur Reaktion aus. Beobachter sind sich einig, dass die Annäherung zwischen der EU und der Türkei durch diese Ereignisse gebremst wird, aber nicht vollständig gestoppt [Die Presse].
Auswirkungen auf die EU-Beziehungen
Der Hintergrund dieser zunehmenden Spannungen ist ein Auftrag schlimmer Regierungs-und Staatschefs im April 2024, die Beziehungen zur Türkei zu stärken. Themen wie wirtschaftliche Zusammenarbeit, Migration und Sicherheit standen im Fokus geplanter Gespräche, die nun durch die jüngsten Entwicklungen auf der Kippe stehen. Projekte wie die Modernisierung der Zollunion und die Visaliberalisierung wurden aufgrund von Rückschritt bei Rechtsstaatlichkeit und Grundrechten bereits auf Eis gelegt [Merkur].
Die EU zeigt weiterhin Interesse an engen Beziehungen zur Türkei, besonders nach einem Zerwürfnis mit den USA. Erdogan hat auch sein Interesse an einer Teilnahme der Türkei an neuen europäischen Sicherheitsstrukturen bekundet. Doch es gibt Bedenken hinsichtlich der erwarteten Erfüllung demokratischer Kriterien, was die Zusammenarbeit erheblich kompliziert [Die Presse].
Die politischen Reaktionen in Deutschland sind vielfältig. Jürgen Hardt von der CDU warnte vor den Folgen der politischen Repression, während Max Lucks von den Grünen klare Konsequenzen forderte, darunter einen Stopp von Rüstungslieferungen. Stefan Keuter von der AfD fordert ein Ende der EU-Beitrittsgespräche. In der SPD gibt es aufgrund laufender Koalitionsverhandlungen bisher keine Stellungnahme zu diesem Thema [Welt].
Die Situation verlangt von der internationalen Gemeinschaft ein entschlossenes Handeln. Experten warnen, dass eine autokratische Türkei kein verlässlicher Partner für europäische Sicherheit sein kann, und appellieren an die EU, die Menschenrechtslage in der Türkei in ihren politischen Überlegungen zu berücksichtigen [Die Presse].