
Isar Aerospace steht kurz vor einem bedeutsamen Schritt in der Raumfahrttechnik. Das bayerische Start-up plant einen Testflug seiner neuen Spectrum-Rakete, dessen Startfenster für heute zwischen 12.30 und 15.30 Uhr angesetzt ist. Als Pionier wird dieser Flug zum ersten Einsatz einer Trägerrakete in Kontinentaleuropa und könnte wertvolle Daten für die zukünftige Entwicklung und Nutzung von Raketen bringen.
Bei diesem Testflug gibt es jedoch erhebliche Unsicherheiten. Sicherheitsbedenken oder widrige Wetterbedingungen könnten den Countdown anhalten oder gar abbrechen. Ein Erfolgskriterium für den Test ist bereits bescheiden gesetzt: Die Rakete darf während des Flugs explodieren, was „wahrscheinlich“ ist, solange sie mindestens 30 Sekunden Flugzeit erreicht. Diese Erwartungen spiegeln die Realitäten der Raumfahrt wider, denn bislang hat keine Firma ihre erste Rakete in den Orbit befördern können.
Technische Spezifikationen und Zukunftsvision
Die Spectrum-Rakete misst 28 Meter in der Länge und hat einen Durchmesser von 2 Metern, mit einer Tragfähigkeit von 700 bis 1000 Kilogramm. Die Entwicklung weiterer Raketen verläuft bereits parallel, mit den Modellen zwei und drei in Produktion. Der Zeitrahmen für diese neuen Raketen wird stark von den Ergebnissen des heutigen Testflugs abhängen, da Anpassungen an Software oder Hardware notwendig sein könnten.
Isar Aerospace plant, in einer langfristigen Vision bis zu 40 Trägerraketen pro Jahr zu bauen, um die Marktanforderungen besser zu bedienen. Im Kontext des europäischen Wettbewerbs hat das Unternehmen über 400 Millionen Euro an Kapital eingeworben, um seine ambitionierten Ziele zu verwirklichen. Unter den Investoren befindet sich auch der NATO Innovation Fund, was der Bedeutung von Sicherheits- und Verteidigungstechnologien in der Weltraumwirtschaft Rechnung trägt.
Aufträge und Marktchancen
Neben dem anstehenden Testflug hat Isar Aerospace bereits einen großen Auftrag an Land gezogen. Die italienische Firma D-Orbit hat vereinbart, ihren ION Satellite Carrier, ein orbital transfer and delivery vehicle, auf der noch nicht geflogenen Rakete von Isar Aerospace zu starten. Dieser Auftrag, der mehrere Cubesats in ihre spezifischen Umlaufbahnen transportiert, soll im Jahr 2023 oder 2024 realisiert werden. Die finanziellen Details des Auftrags wurden jedoch nicht veröffentlicht. Seradata berichtet auch, dass Evolution Space einen Vertrag über 120 Millionen US-Dollar für mehrere suborbitale und orbitale Starts mit dem neuen Satelliten-Startup Xenesis gewinnen konnte.
Diese Entwicklungen stehen im größeren Kontext eines sich rasant verschnellenden Marktes. Die Weltraumwirtschaft, in der alle Aktivitäten zusammenfließen, die Werte im Zuge der Nutzung des Weltraums schaffen, erreichte 2023 ein Volumen von etwa 570 Milliarden US-Dollar. Knapp 80 Prozent dieser Werte stammen bereits aus dem privaten Sektor. In Zeiten, in denen mehr Raketenstarts in Indien als in Europa stattfanden, wird der Wettbewerb um Kunden und Marktanteile zunehmend intensiver.
Mit dem Aufstieg privater Unternehmen im Bereich der Raumfahrt, insbesondere durch den Erfolg von SpaceX, sind die Barrieren für den Einstieg in den Raumfahrtmarkt gesunken. Die jährliche Anzahl der im Weltraum beförderten Objekte hat sich von 210 im Jahr 2013 auf 2.664 im Jahr 2023 vervielfacht. Diese Dynamik könnte auch Isar Aerospace zugutekommen, sofern die anstehenden Tests erfolgreich verlaufen und das Unternehmen seine Wachstumspläne umsetzen kann.