
Am 21. März 2025 versammelten sich tausende Bürger in Istanbul, um ihren Unterstützung für den kürzlich verhafteten Bürgermeister Ekrem Imamoglu auszudrücken. Diese Proteste, die bereits seit drei Tagen andauern, fanden trotz einer Warnung von Präsident Recep Tayyip Erdogan statt, dass die Behörden gegen „Straßenterror“ vorgehen würden. Mehr als 300.000 Teilnehmer wurden bei den Demonstrationen in der Stadt gezählt, so der Oppositionführer Ozgur Ozel.
Imamoglu, der der Republikanischen Volkspartei (CHP) angehört, wurde am Mittwoch wegen angeblicher Korruption und Verbindungen zu einer „Terrororganisation“ verhaftet. Diese Festnahme folgte einem umstrittenen Beschluss der Istanbul Universität, sein Diplom für ungültig zu erklären. Dieses Urteil könnte Imamoglu von der Präsidentschaftswahl 2028 disqualifizieren, kurz bevor er seine Kandidatur bekannt geben wollte. Die CHP bezeichnete die Verhaftung als „Putsch“ und kündigte an, Imamoglu als Präsidentschaftskandidaten zu nominieren.
Politische Spannungen und Proteste
Die Proteste breiteten sich inzwischen auf 32 von 81 Provinzen in der Türkei aus. Imamoglu hatte online erklärt, dass „der Wille des Volkes nicht zum Schweigen gebracht werden kann“. Demonstrationen fanden an verschiedenen Orten statt, unter anderem auf Straßen, Universitätsgeländen und in U-Bahn-Stationen, wobei die Teilnehmer antikapitalistische und antiarabische Slogans riefen. Berichte über Zusammenstöße zwischen Demonstranten und der Polizei sind ebenfalls eingegangen, wobei die Polizei Tränengas einsetzte, um die Menge zu zerstreuen.
In Istanbul verhängte die Gouverneursbehörde ein viertägiges Verbot für politische Versammlungen. Während dieser Zeit wurden mindestens 88 Protestierende verhaftet, und 16 Polizisten wurden verletzt. Zudem wurden weitere 54 Personen aufgrund von Online-Beiträgen, die als „Hassincitierung“ eingestuft wurden, festgenommen. Die Entwicklungen führen zu einer besorgniserregenden Atmosphäre, die an die repressiven Maßnahmen erinnert, die in den letzten Jahren gegen politische Gegner Erdogans ergriffen wurden.
Kontext der Verhaftungen
Die Verhaftung von Imamoglu ist nicht die erste ihrer Art; ähnliche Maßnahmen wurden bereits gegen andere Oppositionsfiguren, darunter die Co-Parteichefs der prokurdischen HDP, Selahattin Demirtaş und Figen Yüksekdağ, ergriffen. Diese Festnahmen erfolgten im Rahmen einer „Antiterroroperation“ und stehen im Kontext einer breiteren Kriminalisierung des politischen Dissenses in der Türkei, die seit Jahren zu beobachten ist. Die Türkei hat in letzter Zeit einen alarmierenden Rückgang ihrer demokratischen Standards gezeigt, wobei vor allem die Rechte der Kurden und ihrer politischen Vertreter betroffen sind. Diese Entwicklungen haben international Besorgnis ausgelöst und die wirtschaftliche Stabilität des Landes, wie die abrupt sinkende türkische Lira im Angesicht der politischen Unsicherheit, weiter geschädigt.
Die internationale Reaktion auf Imamoglus Verhaftung ist durchweg negativ, wobei EU-, französische und deutsche Beamte die Maßnahmen scharf verurteilt haben. Erdogans Regierung hat die Vorwürfe von politischer Motivation geleugnet und beteuert, dass die Justiz unabhängig sei.
Insgesamt gestalteten sich die letzten Tage in der Türkei als ein weiteres Kapitel in der anhaltenden politischen Auseinandersetzung und zeigen die sich zuspitzende Lage, in der politische Repression und Proteste nebeneinander bestehen. Mit den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen 2028 rückt die Frage nach der Zukunft der türkischen Demokratie und der politischen Visionen für das Land in den Mittelpunkt des Geschehens.