
Salzgitter AG, ein traditionelles Unternehmen im Stahlbau, setzt verstärkt auf den Rüstungssektor, um neue Geschäftsimpulse zu erhalten. Vorstandschef Gunnar Groebler betont, dass der Bedarf an Stahl und Sicherheitsstahl, insbesondere für militärische Anwendungen, steigt. Salzgitter ist bereits als Lieferant für die Rüstungsindustrie aktiv, wobei konkrete Mengen nicht genannt werden. Um die Aktivitäten in diesem Bereich zu koordinieren, wurde eine „Task Force Verteidigung“ gegründet, die sich auf die Entwicklung spezieller Produkte konzentriert. Dazu gehören Rohre für Schusswaffen und beschussfeste Grobbleche für Fahrzeuge. Die Tochtergesellschaft Ilsenburger Grobblech bringt zudem die Sicherheitsstahl-Serie „Secure“ auf den Markt, die auf Know-how von Thyssenkrupp basiert, das das Unternehmen übernommen hat. Interessanterweise hat Thyssenkrupp jedoch keine Pläne, im Sicherheitsstahlbereich neue Rüstungsgeschäfte zu tätigen.
Salzgitter führt derzeit Gespräche mit der Bundeswehr und strebt weitere Zulassungen an. Um diese zu erhalten, sind TL-Zertifizierungen erforderlich. Groebler bemerkt, dass es oft eine Asynchronität zwischen politischen Entscheidungen und den notwendigen Verwaltungsprozessen gibt. Das Unternehmen hofft, von den positiven Effekten des Sondervermögens für Investitionen in die Landesverteidigung zu profitieren. Daneben eröffnet Salzgitter neue Chancen in Infrastrukturprojekten, wie dem Brückenbau und der Entwicklung von Wasserstoffnetzen, um den aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen entgegenzuwirken.
Wirtschaftliche Herausforderungen und Sparmaßnahmen
Das Unternehmen sieht sich derzeit einer schwachen Konjunktur, niedrigen Stahlpreisen sowie hohen Energiekosten gegenüber. Im Jahr 2024 sank der Umsatz von Salzgitter um 800 Millionen Euro auf 10 Milliarden Euro, was zu einem Verlust von fast 350 Millionen Euro führte. Angesichts dieser finanziellen Schwierigkeiten wird ein Sparkurs eingeleitet, der Einsparungen in Höhe von 500 Millionen Euro vorsieht. Stellenabbau ist zwar ein Thema, soll jedoch nicht die Produktion von Grünstahl betreffen. Das Projekt zur Herstellung von CO₂-armen Stahl unter der Marke „Salcos“ wird weiterhin vorangetrieben, wobei die Finanzierung für das 2,3 Milliarden Euro teure Projekt bereits gesichert ist.
Im weiteren Kontext zeigt sich, dass der Verteidigungssektor in den letzten Jahren einen Aufschwung erlebt hat, insbesondere durch die geopolitischen Spannungen in Europa. Laut einem Bericht auf Marketscreener hat der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine die militärischen Kapazitäten der EU-Mitgliedstaaten gestärkt und führt vermehrt zu Investitionen in europäische Rüstungsunternehmen. Diese Unternehmen bieten Anlegern neue Chancen, insbesondere im Hinblick auf das bevorstehende Jahr 2025.
Steigende Investitionen in die Verteidigungsbranche
Viele europäische Unternehmen, darunter Branchenriesen wie Airbus, Saab und Rheinmetall, profitieren von dieser Entwicklung. Airbus, beispielsweise, erzielt 20 % seines Umsatzes im Verteidigungsbereich und hat seine Aktivitäten nach der Pandemie um 10 % steigern können. Rheinmetall hat kürzlich in den DAX aufgenommen und verzeichnete einen Anstieg um 110 % bis 2024. Saab, bekannt für seine Entwicklung des JAS 39 Gripen Jägers, konnte im Juli 2024 einen Rekordanstieg der Quartalsaufträge um 176 % verzeichnen.
Zusätzlich wird der neue „WisdomTree Europe Defence ETF“ ins Spiel gebracht, der sich auf europäische Rüstungsunternehmen fokussiert. Dieser ETF schließt Unternehmen, die an völkerrechtlich umstrittenen Waffen beteiligt sind, aus und bietet Anlegern die Möglichkeit, in zivile Verteidigungsausrüstung und Verteidigungselektronik zu investieren. Pierre Debru von WisdomTree betont, dass Verteidigung und Sicherheit in vielen Portfolios unterrepräsentiert sind, und dass die politische Entscheidung, Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse auszunehmen, massive Investitionen in die Bundeswehr ermöglicht. Insgesamt plant die EU einen Rüstungsfonds von 150 Milliarden Euro, um die Mitgliedstaaten bei Rüstungskäufen zu unterstützen.
Die wachsenden Sicherheitsbedenken und geopolitischen Spannungen positionieren den Verteidigungssektor als ein attraktives Investitionsfeld. Während Salzgitter seinen Fokus auf den Rüstungsbereich verstärkt, entwickeln sich parallel zahlreiche europäische Unternehmen zur profitablen Größe im globalen Verteidigungsmarkt. Fakt ist, dass der Ukraine-Konflikt und die damit verbundene Neuordnung der militärischen Strategien in Europa die Nachfrage nach modernen Verteidigungsanlagen entscheidend beeinflussen.
Somit stehen wir an einem Wendepunkt, an dem sich sowohl die betroffenen Unternehmen als auch Anleger auf ungewisse, jedoch potenziell gewinnbringende Zeiten zubewegen.