
Vor einem beunruhigenden Vorfall auf der südafrikanischen Antarktis-Forschungsstation Sanae IV kommt es zu schweren Vorwürfen gegen ein Teammitglied. Dieses wird beschuldigt, während einer Auseinandersetzung Kollegen körperlich angegriffen und mit dem Tod bedroht zu haben. Der Vorfall führte zu einem „Klima der Angst und Einschüchterung“ innerhalb der neunköpfigen Crew, die aufgrund des extremen Wetters und der Abgeschiedenheit in einem angespannten Umfeld agiert, das von Temperaturen bis zu minus 23 Grad geprägt ist. Die Isolation und beengten Wohnverhältnisse erhöhen den psychologischen Druck auf die Forscher.
Das südafrikanische Ministerium für Forstwirtschaft, Fischerei und Umwelt berichtet, dass die Vorfälle am 27. Februar 2025 in einer E-Mail von einem Teammitglied gemeldet wurden. Ein Streit über eine wetterabhängige Aufgabe, die eine Änderung des Zeitplans erforderte, soll den mutmaßlichen Täter derart provoziert haben, dass er in einem Wutanfall eine Auseinandersetzung mit dem Expeditionsleiter begonnen hat. Die extreme psychische Belastung, unter der die Forscher stehen, ist nicht zu unterschätzen, da sie einen Großteil des Jahres von der Außenwelt abgeschnitten sind und nur schwer erreichbar sind.
Psychologische Probleme und Reaktionen
Das Ministerium sieht aktuell keinen Anlass, die Forscher zu evakuieren, jedoch wird die Möglichkeit einer Evakuierung aufgrund der Wetterbedingungen frühestens in zwei Wochen in Betracht gezogen. Die Situation hat das Ministerium veranlasst, einen langfristigen Interventionsprozess zu starten, um ein gesundes Arbeitsumfeld zu fördern. Dies geschieht durch täglichen Kontakt von Spezialisten mit der Crew und die Einleitung eines arbeitsrechtlichen Verfahrens zur Klärung der Vorwürfe. Zudem hat der mutmaßliche Täter schriftlich Reue gezeigt und sich bereit erklärt, sowohl mündlich als auch schriftlich bei den Kolleg:innen um Entschuldigung zu bitten.
In der Antarktis wird zudem auf die hohe Rate sexueller Belästigungen hingewiesen. Eine Studie von Associated Press zeigt, dass mehr als die Hälfte der Frauen an US-amerikanischen Forschungsstationen von sexuellen Übergriffen oder Belästigungen berichtet haben. Für die Forscher in Sanae IV schärft dies das Bewusstsein für das gefährliche Klima, das unter den extremen Bedingungen herrscht, zusätzlich. 59 Prozent der Frauen auf antarktischen Forschungsstationen gaben an, sexuelle Belästigungen oder Übergriffe erlebt zu haben, während 72 Prozent das Verhalten ihrer männlichen Kollegen als problematisch einstufen.
Einfluss extremer Bedingungen auf die Psyche
Die extremen Lebensbedingungen in der Antarktis wirken sich nicht nur auf die physische Gesundheit der Forscher aus, sondern auch auf ihre kognitiven Fähigkeiten. Eine Studie untersuchte, wie sich monatelange Isolation und Kälte auf die Gehirnfunktionen auswirken. Die Ergebnisse zeigen, dass nach drei Monaten in der Antarktis die Konzentrationen eines Wachstumsfaktors, der das Wachstum von Nervenzellen fördert, abnahmen. Auch die kognitive Leistungsfähigkeit, insbesondere in Bezug auf räumliches Denken und Aufmerksamkeit, litt unter den extremen Bedingungen.
Forschungsergebnisse machen deutlich, dass die Forscher in dieser isolierenden Umgebung kognitiven Risiken ausgesetzt sind, die im Kontext zukünftiger interplanetarer Missionen an Bedeutung gewinnen könnten. So wird beispielsweise untersucht, ob regelmäßige sportliche Aktivitäten den negativen Effekten auf das Gehirn entgegenwirken können. Diese Erkenntnisse sind nicht nur für die Antarktis wichtig, sondern auch von relevanter Bedeutung für die Planung zukünftiger Mars- oder Mondmissionen, wo ähnliche extreme Umstände herrschen könnten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die aktuellen Vorfälle in der Antarktis einen tiefen Einblick in die Herausforderungen geben, mit denen Forscher konfrontiert sind. Die Kombination aus extremen klimatischen Bedingungen, psychologischen Belastungen und dem Vorwurf physischer und sexueller Gewalt stellt die Forschung in einer der unwirtlichsten Regionen der Erde vor große ethische und praktische Herausforderungen.