
In Baden-Württemberg könnten die Fördermittel für das Spitzenturnen in Stuttgart bald wieder freigegeben werden. Sportministerin Theresa Schopper äußerte sich in einem Interview mit den „Stuttgarter Nachrichten“ und der „Stuttgarter Zeitung“ zu den Entwicklungen im Kontext des Missbrauchsskandals, der seit Jahreswechsel im Kunst-Turn-Forum in Stuttgart im Mittelpunkt steht. Diese Gelder waren vorübergehend eingefroren worden, um notwendige Konsequenzen aus den erschütternden Vorwürfen zu ziehen. Schopper stellte klar, dass das Einfrieren der Gelder vor allem denjenigen galt, die nicht das Wohl der Athletinnen im Blick hatten, und dass die gezielte Prüfung der getroffenen Maßnahmen unerlässlich ist, um die Qualität des Trainings für die Athleten nicht zu gefährden.
Der Skandal um das Kunst-Turn-Forum hat in den letzten Monaten sowohl in der Öffentlichkeit als auch innerhalb des Sports für großes Aufsehen gesorgt. Ehemalige und aktive Turnerinnen, darunter Tabea Alt und Michelle Timm, haben schwere Vorwürfe erhoben, die systematischen körperlichen und psychischen Missbrauch, Drohungen, Demütigungen sowie zahlreiche andere Missstände beinhalten. Schopper bestätigte diese Vorwürfe im Ausschuss und betonte die Notwendigkeit, Vertrauen in die Vorgehensweise der Verbände wiederherzustellen. In diesem Kontext zu loben ist, dass der Schwäbische Turnerbund bereits Schritte zur Aufarbeitung des Skandals unternommen hat, unter anderem durch die Beauftragung einer Kanzlei aus Frankfurt am Main.
Ermittlungen und Maßnahmen
Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg ermittelt mittlerweile gegen einen ehemaligen Trainer. Zudem wird gegen einen weiteren Übungsleiter intern vorgegangen, der aufgrund des Vorfalls freigestellt wurde. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Nötigung eingeleitet, was auf die Ernsthaftigkeit der Vorwürfe hinweist. Als Teil der Aufarbeitung wurden auch mehrere Durchsuchungen in den Geschäftsräumen sowohl des Schwäbischen Turnerbundes als auch des Deutschen Turner-Bundes durchgeführt.
In den letzten Jahren sind zahlreiche ähnliche Fälle im Sport immer wieder ans Licht gekommen. Trotz eines positiven Images bringt der Leistungssport oftmals ein erhöhtes Risiko für Machtmissbrauch und Gewalt mit sich. Eine Reihe von Studien, wie die von „Safe Sport“, zeigt, dass über ein Drittel der befragten Athleten sexualisierte Gewalt erfahren hat. Zu den Formen dieser Gewalt zählen sowohl körperliche als auch psychische Übergriffe, welche Kinder und Jugendliche besonders gefährden.
Weg zur Verbesserung
Um solchen Missständen in Zukunft vorzubeugen, wird ein unabhängiges Expertengremium beim Landessportverband (LSV) zusammengestellt. Die Maßnahmen zur Aufarbeitung, die eng mit der Verbesserung des Vertrauensverhältnisses zu den betroffenen Athletinnen verknüpft sind, müssen kontinuierlich evaluiert werden. Schopper warf auch einen Blick in die Zukunft, indem sie die Möglichkeit der schrittweisen Freigabe der Fördergelder in sechs Tranchen erwähnte, abhängig von den Fortschritten in der Aufklärung.
Dieser Vorfall hat nicht nur den Fokus auf die spezifischen Missstände im deutschen Turnsport gelenkt, sondern auch die gesamte Sportlandschaft alarmiert. Es wird zunehmend klar, dass es strengere Richtlinien und Schutzmechanismen braucht, um die Sicherheit der Athleten zu gewährleisten. Ein neuer „Safe Sport Code“ wurde bereits verabschiedet, um Übergriffe rechtssicher zu ahnden. Schutzkonzepte werden nun auch zu einer Voraussetzung für die Vergabe von Bundesfördermitteln, um die notwendigen Änderungen umzusetzen und eine sichere Umgebung für zukünftige Athleten zu schaffen.