
Am Wendebach südlich von Göttingen erkundet der Biologe Bertram Preuschhof eine Lichtung, die von den Aktivitäten der Biber zeugt. An der Uferböschung sind Spuren zu erkennen, die darauf hindeuten, dass hier in der Vergangenheit mehrere Dutzend Weiden gefällt wurden. Dieses Areal befindet sich in der Nähe eines Stausees, der von Bäumen und dichtem Gebüsch umgeben ist. Die Rückkehr des Europäischen Biber, der als größtes Nagetier Europas gilt und eine Kopf-Rumpf-Länge von 80 bis 100 cm sowie ein Gewicht von 25 bis 30 kg erreicht, begeistert Naturschützer und Ökologen, während Landwirte skeptisch sind und Bedenken äußern.
Früher war der Biber in Deutschland weit verbreitet, lebte dort über 15 Millionen Jahre und hatte einen geschätzten Bestand von über 100.000 Tieren. Aufgrund intensiver Bejagung wegen von Pelz, Fleisch und Duftsekreten war er im 19. und 20. Jahrhundert fast verschwunden. Dank Schutz- und Wiederansiedlungsprojekten lebt heute jedoch eine stabile Population von mehreren Hundert Bibern in Niedersachsen. Preuschhof hat in seinem Landkreis Göttingen bereits rund 25 Biberreviere kartiert, darunter auch zwei am Wendebach-Stausee.
Die Rolle der Biber in der Natur
Biber sind dämmerungs- und nachtaktiv, weshalb sie selten von Spaziergängern gesehen werden. Ihre Eingänge zu den Bauten sind meist unter Wasser verborgen. Auffällig sind jedoch die so genannten „Biberrutschen“, die Hinweise auf die Präsenz dieser Tiere geben. Diese Biberdämme sind im südlichen Niedersachsen eher die Ausnahme und dienen hauptsächlich dem Wasserstauen. Ihre Ernährung besteht aus Weidenrinde, Wildkräutern sowie Kulturpflanzen wie Mais, Raps und Getreide, was zu Konflikten mit Landwirten führen kann, die um Überschwemmungen und Ernteausfälle fürchten.
Die Skepsis der Landwirte wird von Hubertus Berges vom Landvolk Niedersachsen unterstützt, der darauf hinweist, dass der Schutz der Biber nicht auf Kosten der Landwirtschaft gehen sollte. Trotz dieser Bedenken hebt Preuschhof hervor, wie wichtig die Biber für den Naturschutz sind, da sie bedeutende Lebensräume für andere Arten schaffen. Der Biber könnte als natürliche „Waffe“ im Kampf gegen Klimaschäden und zur Revitalisierung von Gewässern gesehen werden, was belegt, dass Lösungen für die ökologischen Herausforderungen unserer Zeit in der Tierwelt selbst gefunden werden können.
Internationale Ansätze zur Biberansiedlung
In den USA beispielsweise wird das Methow Beaver Project durchgeführt, das sich darum bemüht, passende Biberpärchen umzusetzen. Diese Biber sollen nicht nur eine Familie gründen, sondern auch Dämme bauen und somit zur ökologischen Stabilität beitragen. Diese Projekte zeigen, dass die Ansiedelung von Bibern nicht nur auf Deutschland beschränkt ist. Auch in Großbritannien wurden Biber aus Deutschland und Norwegen wieder angesiedelt, was im Rahmen des Scottish Beaver Trial verfolgt wird. Hierzu gehört der Schutz dieser Tiere als heimische Art und die damit verbundenen Maßnahmen, um sowohl Menschen als auch Bibern eine Koexistenz zu ermöglichen.
Die Forschung zeigt, dass Biber bei Starkregen bis zu 30 % des Wassers zurückhalten können, was insbesondere für Gebiete, die von Hochwasser bedroht sind, von großer Bedeutung ist. In diesem Kontext wird die Bedeutung der Biber nicht nur für die Verbesserung der Biodiversität, sondern auch für die Regulierung der Wasserressourcen unterstrichen. Die Zukunft der Biber sieht vielversprechend aus, da sie sich zunehmend an urbanisierte Lebensräume anpassen können.
Insgesamt zeigen die Bemühungen zur Wiederansiedlung und der Schutz des Biber nicht nur den Wert dieser Tiere für die Biodiversität, sondern auch deren Fähigkeit, in geschädigten Ökosystemen positiven Einfluss auszuüben.
Für weitere Informationen zu den Rückkehr der Biber informiert der Weser-Kurier. Zusätzliche Informationen über die Rolle von Bibern im Kampf gegen Klimaschäden finden Sie bei National Geographic. Den Nutzung von Bibern zur Gewässerrevitalisierung lesen Sie im Bericht des Bundesamt für Umwelt.