
Die Anzahl der Angriffe auf Politiker in Bayern hat in den letzten Jahren alarmierend zugenommen. Besonders die Landkreise Freising und Erding stehen laut Tobias Holl von der mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Bayern Süd im Fokus. In diesen Regionen wird von einer „Enthemmung“ in der politischen Kultur gesprochen, da die Schwelle zu Übergriffen auf Amts- und Mandatsträger gesunken ist. Holl berichtet von einer besorgniserregenden Zunahme körperlicher und verbaler Angriffe, die 2024 in Freising auf 18 und in Erding auf 11 Fälle gestiegen sind, während die Zahl in Erding im Jahr davor bei 12 lag.
Insgesamt wurden in den beiden Landkreisen innerhalb von zwei Jahren 57 Delikte gegen Politiker registriert. Dies steht im Einklang mit einem bayernweiten Trend, der aufzeigt, dass 2024 insgesamt 747 Straftaten gegen Politiker festgestellt wurden. Dies zeigt einen Rückgang im Vergleich zum Vorjahr, als noch 4.047 Fälle vorlagen. Dennoch bleibt die Zahl der Gewaltdelikte hoch, insbesondere im Hinblick auf die steigende Aggressivität gegenüber politischen Vertretern, sowohl online als auch offline.
Rückgang der Gesamtzahlen, Anstieg der Gewalt
Während die absoluten Zahlen in Bayern 2024 im Vergleich zum Vorjahr gesunken sind, sind die Fallzahlen von Gewaltkriminalität signifikant geblieben. Allein im Jahr 2023 wurden 48 von 94 bundesweiten Gewaltdelikten in Bayern verzeichnet. Mit 35 von 99 Fällen in 2024 bleibt der Anteil an Gewaltdelikten in Bayern vergleichsweise hoch. Laut dem Bundeskriminalamt (BKA) nimmt die Aggressivität gegenüber politischen Vertretern sowohl online als auch offline zu, was Befürchtungen auslöst, dass rund um die bevorstehenden Bundestagswahlen mit verstärkten Angriffen zu rechnen ist.
Die politische Motivation hinter den Taten bleibt jedoch oft unklar; in mehr als 90 Prozent der Fälle können keine eindeutigen Hintergründe festgestellt werden. In Freising und Erding fallen 79 Prozent der Taten in die Kategorie „sonstige Zuordnung“. Ein Fokus liegt hierbei auf dem häufigen persönlichen Angriff auf Frauen in der Kommunalpolitik, wie es die Grüne-Politikerin Helga Stieglmeier erlebt hat, die von Drohungen und Beleidigungen berichtete.
Solidarität und Sensibilisierung gefordert
Dennoch gibt es auch Lichtblicke: Die Freisinger Jusos erhielten Solidarität von anderen demokratischen Parteien, einschließlich des Juso-Bundesvorsitzenden, nach einem äußerst politisch motivierten Angriff auf ihren Wahlstand. Tobias Holl appelliert an die Gesellschaft, sich der politischen Hintergründe dieser Übergriffe bewusst zu werden und für die Sicherheit der politischen Akteure einzutreten. Wichtig ist auch, dass die Bereitschaft, solche Straftaten anzuzeigen, in Bayern zunimmt, was möglicherweise zu einem Rückgang der Fallzahlen aufgrund erhöhten Verfolgungsdrucks beiträgt.
Die Lage ist zwar angespannt, aber durch Aufklärungskampagnen zur Sicherung von Geschäftsräumen und bestimmten Veranstaltungen sowie über den Umgang mit Hass im Netz wird versucht, die Situation zu entschärfen. Die Aufklärungsquote in Bayern liegt dabei bei rund 70 Prozent, was Hoffnung auf eine positive Entwicklung gibt. Dennoch bleibt abzuwarten, wie sich die Situation in der politischen Landschaft bayerischer Gemeinden in den kommenden Monaten entwickeln wird.