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Asoziale: Die lange vergessene Opfergruppe des Nationalsozialismus!

Der Begriff "asozial" hat eine belastete Geschichte, die bis zu den Nazis zurückreicht. Ein neuer Artikel beleuchtet die frühe Stigmatisierung, aktuelle Anerkennung und die Aufarbeitung dieser Ungerechtigkeiten.

Die Diskussion um den Begriff „asozial“ hat in den letzten Monaten eine neue Dimension erreicht. Im Rahmen des ARD-Talks „hart aber fair“ am 10. Februar 2024 wurde der Begriff sowohl von Moderator Louis Klamroth als auch von Jan van Aken, dem Chef der Linken, behandelt. Van Aken hatte in einer Rede beim letzten Linken-Parteitag im November 2024 die FDP als „asozial“ bezeichnet und gleichzeitig eingestanden, dass dieser Terminus unangemessen sei. Remszeitung berichtet, dass dieser Begriff nicht nur gegenwärtig einen Stempel auf die politische Debatte setzt, sondern auch eine belastete historische Last trägt.

Historisch gesehen bezeichnete der Begriff „asozial“ Menschen, die während der NS-Zeit stigmatisiert und verfolgt wurden. Frank Nonnenmacher, ein hierzu erfahrener Soziologe, hebt hervor, dass die Nazis Menschen als „Asoziale“ brandmarkten und in Konzentrationslager einsperrten. Schätzungen zufolge fanden zwischen 70.000 und 80.000 Menschen, die häufig unter Drogen- oder Spielsucht, Obdachlosigkeit oder ansteckenden Krankheiten litten, ein düsteres Schicksal in diesen Lagern. Allein im Jahr 1938 wurden über 10.000 Männer und einige Hundert Frauen als „asozial“ inhaftiert und entsprechend markiert. Deutschlandfunk Kultur ergänzt, dass diese Gruppe, die oft als Teil einer breiteren Verfolgung nahm, lange vernachlässigt wurde, während andere Opfergruppen wie Juden oder Sinti und Roma überproportional im Fokus der Erinnerungskultur standen.

Verdrängte Opfer

Die anhaltende Ignoranz gegenüber den „Asozialen“ spiegelt sich auch in der Nachkriegszeit wider. So erklärte Nonnenmacher, dass sein Onkel Ernst, der ebenfalls als „Asozialer“ ins KZ Flossenbürg verschleppt wurde, nach dem Krieg die Anerkennung als Opfer des Nationalsozialismus verweigert wurde. Der gesellschaftliche Fokus lag anfänglich auf politischen Häftlingen und ignorierte die Schicksale der „Asozialen“ vollständig.

Im Februar 2020 wurde ein Antrag im Bundestag verabschiedet, der die von den Nazis als „Asoziale“ Verfolgten anerkennt, jedoch stieß dieser Antrag auf Widerstand seitens der AfD. Bisher wurden von Überlebenden keine Entschädigungsanträge eingereicht, was die Herausforderungen verdeutlicht, denen Angehörige dieser Gruppe noch immer gegenüberstehen. Arolsen Archives berichtet, dass die Stigmatisierung so tief verwurzelt ist, dass viele Überlebende sich aus Angst vor Diskriminierung nicht öffentlich zu ihren Erfahrungen äußern.

Neuere Entwicklungen

Frank Nonnenmacher plant zusätzlich die Gründung eines Verbands zur Unterstützung von Nachkommen sozialrassistisch Verfolgter. Ziel dieses Verbands, der im Januar 2025 in Nürnberg gegründet werden soll, ist es, die Stimme der Nachkommen der „Asozialen“ zu stärken und die Anerkennung ihrer Vorfahren zu fördern. Diese Initiative könnte einen wichtigen Schritt in der Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialismus bedeuten.

Die Thematik rund um „Asoziale“ und deren Verfolgung bleibt ein sensibles Feld in der bundesdeutschen Erinnerungskultur. Sie hat nicht nur historische Relevanz, sondern wirft auch Fragen über unsere gegenwärtige Wahrnehmung und unseren Umgang mit gesellschaftlicher Marginalisierung auf.

Ein zentrales Anliegen der aktuellen Debatte ist, das Verständnis für die Unrechtmäßigkeit der NS-Verfolgung zu schärfen und ein Zeichen zu setzen: „Niemand wurde zu Recht in einem Konzentrationslager inhaftiert, gequält oder ermordet.“ Der weitere Weg zur vollständigen Anerkennung und Aufarbeitung bleibt jedoch ein steiniger.

Referenz 1
www.remszeitung.de
Referenz 2
www.deutschlandfunkkultur.de
Referenz 3
arolsen-archives.org
Quellen gesamt
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