
Prof. Dr. Andreas Lammer hat seit 2025 eine bedeutende Professur für Arabistik mit dem Schwerpunkt Wissensgeschichte an der Ruhr-Universität Bochum inne. Mit seinem Fokus auf den arabischen Gelehrten Avicenna (Ibn Sīnā), der als Arzt, Philosoph, Naturwissenschaftler und Mathematiker geehrt wird, schließt er sich der Tradition eines starken Fachs an, das seit den 1970er-Jahren über die Region hinaus strahlt. Lammer betrachtet Avicenna als Schlüsselgestalt, der Aristoteles‘ Philosophie überarbeitet und in einem synthetisierten System zusammengeführt hat. Dies wird besonders in seinem aktuellen Forschungsprojekt deutlich.
Das Projekt mit dem Titel „Avicenna Live: The Immediate Context of Avicenna’s Intellectual Formation“ (ALIVE) wird seit 2024 durch einen „Starting Grant“ des Europäischen Forschungsrats (ERC) gefördert. Es erhält über die Dauer von vier Jahren eine Summe von 1,5 Millionen Euro. Ziel ist es, ein umfassendes Verständnis der intellektuellen Bildung Avicennas und seines Umfeldes zu erlangen, während Lammer plant, ein Avicenna-Forschungszentrum an der Fakultät für Philologie in Bochum zu etablieren.
Forschungsschwerpunkte und Einfluss
Neben Avicenna untersucht Lammer auch die Rezeption (spät-)antiker griechischer Wissenschaften in der islamischen Welt und deren weitreichenden Einfluss auf die Geistesgeschichte Europas. Diese Entwicklung ist von historischer Bedeutung, da arabischsprachige Gelehrte zwischen dem 8. und 14. Jahrhundert entscheidende Beiträge zur modernen Wissenschaft und Philosophie leisteten. Während dieser Zeit, bekannt als das „Goldene Zeitalter des Islam“, war Arabisch die Lingua franca der Wissenschaft.
Die Werke von Philosophen wie Al-Farabi, Avicenna und Averroes wurden ins Lateinische übersetzt und hatten einen erheblichen Einfluss auf die europäische Renaissance. Diese Gelehrten interpretierten und entwickelten die antiken philosophischen und wissenschaftlichen Texte weiter, was zu einer Bewahrung und Weiterentwicklung des Wissens führte.
Akademische Laufbahn
Andreas Lammer hat an verschiedenen namhaften Universitäten studiert und gelehrt. Sein Werdegang umfasst ein Studium der Philosophie und Germanistik an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und ein Masterprogramm in Philosophie am King’s College London. Während seiner Promotion, die er 2018 an der Ludwig-Maximilians-Universität München in den Fächern Philosophie und Arabistik abschloss, zeigte sich bereits sein Engagement für die arabische Philosophie. Zuvor folgte eine Juniorprofessur für Arabische Philosophie, Kultur und Geschichte an der Universität Trier (2018-2022) und eine Associate Professur für Philosophiegeschichte an der Radboud Universität Nimwegen in den Niederlanden (2022-2024).
Zu seinen Publikationen zählt die Monographie „The Elements of Avicenna’s Physics: Greek Sources and Arabic Innovations“ (De Gruyter 2018) sowie eine Übersetzung der „Inkohärenz der Philosophen“ von al-Ġazālī (Herder 2024). Lammer hat auch zahlreiche Aufsätze zur antiken, spätantiken und arabischen Philosophie- und Wissensgeschichte verfasst, was seine Expertise in diesem Bereich weiter unterstreicht.
Das Erbe arabischer Wissenschaft
Die Rolle des Arabischen in Wissenschaft und Philosophie ist oft übersehen, obwohl arabische Gelehrte wie Avicenna das Wissen ihrer Zeit erheblich beeinflussten. Einnahmen aus ihren Forschungen und deren Übersetzungen haben dazu beigetragen, dass viele antike griechische, persische und indische Texte bewahrt und adaptiert wurden. Diese Entwicklung war entscheidend für die Medizintheorie, die Mathematik und die Astronomie.
- Medizin: Avicenna verfasste das „Kanon der Medizin“, ein Standardwerk in Europa und im Nahen Osten.
- Mathematik: Al-Khwarizmi gilt als Vater der Algebra und führte grundlegende Konzepte unseres jetzigen Zahlensystems ein.
- Astronomie: Arabische Wissenschaftler wie Al-Battani erstellten präzise Sternenkataloge, die über Jahrhunderte wertvoll waren.
- Philosophie: Al-Farabi und Avicenna entwickelten umfassende philosophische Systeme, die das Denken im Mittelalter beeinflussten.
Insgesamt zeigt sich, dass die arabische Welt eine entscheidende Rolle bei der Bewahrung und Entwicklung des antiken Wissens spielt. Die Arbeiten der arabischen Gelehrten bleiben relevant und zeigen, wie bedeutend kultureller Austausch für den Fortschritt der Menschheit ist. Damit leistet Prof. Dr. Andreas Lammer einen wichtigen Beitrag zu diesem Erbe und zur Weiterentwicklung der Arabistik an der Ruhr-Universität Bochum.
Für weitere Informationen zu Andreas Lammer und seinen Forschungen können Sie die folgenden Links besuchen: Ruhr-Universität Bochum, RUHR-Universität Bochum Science, Qalam Quest.