
Der Dokumentarfilm „No Other Land“ hat bei den Academy Awards einen bedeutenden Oscar für den besten Dokumentarfilm gewonnen. Der Film, der die erschütternde Realität der Räumung palästinensischer Dörfer im Westjordanland beleuchtet, wurde von den Regisseuren Basel Adra und Yuval Abraham realisiert. Adra, der vor etwa zwei Monaten Vater wurde, drückt in seinen Äußerungen die Hoffnung aus, dass seine Tochter ein besseres Leben führen kann. Er fordert auch Maßnahmen gegen die Ungerechtigkeiten, die Palästinenser seit Jahrzehnten ertragen müssen, und hebt die Problematik der ethnischen Säuberung hervor. Abraham hingegen äußert Kritik an der US-Außenpolitik und spricht sich für nationale Rechte sowohl für Palästinenser als auch für Israelis aus.
„No Other Land“ thematisiert speziell die Vertreibung von Palästinensern in der Region Masafer Jatta, die südlich von Hebron liegt. Der Film hat zuvor bereits Auszeichnungen bei der Berlinale sowie dem Europäischen Filmpreis erhalten. Die Oscar-Verleihung selbst wurde von propalästinensischen Protesten begleitet, bei denen Demonstranten Straßen blockierten, um auf die Notlage der Palästinenser aufmerksam zu machen. Schauspieler Guy Pearce fiel besonders auf, als er auf dem roten Teppich einen Anstecker mit der Aufschrift „Free Palestine“ trug, was die politische Dimension des Abends unterstrich.
Der historische Kontext
Die Konflikte, die im Fokus von „No Other Land“ stehen, sind tief in der Geschichte verwurzelt. Der israelische Historiker Ilan Pappe hat sich in seiner Arbeit mit den Ereignissen zwischen 1947 und 1948 befasst, die den Grundstein für die fortwährenden ethnischen Spannungen gelegt haben. In seinem Buch verleiht Pappe der offiziellen Geschichtsdarstellung Israels eine kritische Perspektive und beleuchtet die systematischen ethnischen Säuberungen, die durch jüdische Kampfverbände während des Konflikts initiiert wurden.
Pappe argumentiert, dass die in den 1930er Jahren von zionistischen Führern erkanntete Möglichkeit zur „Entarabisierung“ Palästinas nicht nur einen kurzfristigen Plan darstellte, sondern eine langfristige Strategie zur Schaffung eines jüdischen Staates war. Der UN-Teilungsplan von November 1947, der die Gründung sowohl eines jüdischen als auch eines palästinensischen Staates vorsah, wurde durch den „Plan Dalet“ weiter beeinflusst, der die territorialen Parameter für den neuen Staat festlegte und die Zerstörung von Dörfern sowie die Vertreibung der Bevölkerung bei Widerstand beinhaltete.
Reaktionen und gesellschaftliche Auswirkungen
Pappe wird für seine Ansichten in der israelischen Gesellschaft oft ausgegrenzt und lebt heutzutage in England. Kritiker bemängeln seine Schwarz-Weiß-Darstellung der Ereignisse und die mangelnde wissenschaftliche Distanz, während er häufig auf mündliche Zeugenaussagen zurückgreift, die nicht immer ausreichend dokumentiert sind. Dennoch ist sein Ansatz eine wichtige Stimme im Diskurs über die ethnischen Säuberungen in Palästina.
Die Themen, die in „No Other Land“ aufgegriffen werden, sind also nicht nur gegenwärtig, sondern stark verwoben mit der historischen Realität. Adra und Abraham nutzen ihre Plattform, um die unveränderte Situation der Palästinenser ins Licht zu rücken und auf die Notwendigkeit von Gerechtigkeit und Gleichheit hinzuweisen. Ihr Oscar-Gewinn wird somit nicht nur als künstlerischer Erfolg gewertet, sondern als Appell für Wandel und Menschlichkeit in einem durch Konflikte geplagten Land.
Für weitere Informationen zu den Zusammenhängen und den Hintergründen des Films können die Artikel von Süddeutsche.de, AOL.de und OE1.orf.at konsultiert werden.