
Die Debatte um Krankmeldungen und Arbeitsmoral hat in Deutschland an Intensität gewonnen. Wolfgang Grupp, der ehemalige Chef des Textilherstellers Trigema aus Burladingen, äußert in seinem Podcast „Mal Grupp gesagt“ klare und provokative Meinungen zu diesen Themen. Grupp schlägt vor, die Regelungen rund um die Krankmeldung zu reformieren und fordert für Arbeitnehmer zwei wesentliche Änderungen.
Bei Trigema müssen Angestellte bereits am ersten Krankheitstag eine ärztliche Bescheinigung vorlegen, was in vielen anderen Unternehmen nicht der Fall ist. Grupp sieht darin einen wichtigen Schritt zur Vermeidung von Missbrauch. Er befürwortet zudem, dass Arbeitnehmer sich persönlich beim Arzt vorstellen, anstatt sich telefonisch krankzumelden. Die 100-prozentige Lohnfortzahlung ab dem ersten Krankheitstag kritisiert Grupp ebenfalls. Seiner Meinung nach stellt sie einen Anreiz für Mitarbeiter dar, sich auch bei geringfügigen Beschwerden krankzumelden.
Der Krankenstand im Fokus
Die Diskussion um die Arbeitsmoral wird durch derzeitige Statistiken untermauert. Im Jahr 2023 lag der durchschnittliche Krankenstand in Deutschland bei 15,2 Tagen und erreichte damit den höchsten Wert seit 1991. Im Vergleich dazu waren es 2019 lediglich 11 Tage. Atemwegserkrankungen und psychische Störungen sind die häufigsten Ursachen für Fehlzeiten, wobei depressive Episoden im Schnitt zu längeren Krankschreibungen von 67 Tagen führen.
Im Gegensatz dazu zeigt dasselbe Unternehmen, Trigema, einen Rückgang des Krankenstands. Laut Grupp liegen die Krankentage bei etwa 10 bis 11 pro Jahr, was deutlich unter dem Durchschnitt von 17,7 Tagen der Techniker Krankenkasse liegt. Grupp führt diesen Rückgang nicht nur auf die strengen Krankheitsrichtlinien zurück, sondern auch auf die Wertschätzung und Verantwortung, die den Mitarbeitern bei Trigema zuteilwird.
Die Veränderungen in der Arbeitswelt
Während Grupp für eine stärkere Kontrolle der Krankmeldungen wirbt, berichten andere Quellen von einem angespannten Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Mercedes-Chef Ola Källenius kritisierte jüngst den hohen Krankenstand und die vermeintlich unkomplizierte Krankschreibung. Statistiken zeigen, dass der Krankenstand in der Vergangenheit stark sank, 2007 lag er bei nur rund 8 Tagen pro Arbeitnehmer. Diese Entwicklung hat sich jedoch umgekehrt, und Arbeitnehmer sind oft zu krank, um zu arbeiten, aber zögern, den Arzt aufzusuchen aus Angst vor Kündigung.
Zusätzlich leidet die deutsche Arbeitsmoral unter dem Fachkräftemangel und der Unzufriedenheit vieler Beschäftigter. Laut einer Umfrage äußern 49 % der Arbeitnehmer Unzufriedenheit mit ihrer Arbeit. Es gibt Stimmen, die vorschlagen, dass Arbeitgeber endlich Lösungen entwickeln sollten, um die Arbeitsmoral zu verbessern, anstatt die Arbeitnehmer zu kritisieren.
Die Sorgen über die Arbeitskultur und die Krankmeldungen sind jedoch nicht allein ein deutsches Phänomen. Berichte zeigen, dass in den meisten westeuropäischen Ländern ähnliche Trends herrschen, befeuert durch eine sich verändernde Arbeitswelt, in der junge Generationen zunehmend die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit in Frage stellen.
Wolfgang Grupp sieht die Wahrnehmung eines erhöhten Krankenstands auch als Resultat statistischer Veränderungen, die durch neue Reportingpflichten an die Krankenkassen erklärbar sind. Während einer steigenden Zahl von Beschäftigten, die auch in gesundheitlich angeschlagenen Zuständen arbeiten, wird auch deutlich, dass das Engagement für den Arbeitsplatz oft vom Gefühl der Sicherheitslosigkeit gehemmt wird.
Es bleibt abzuwarten, ob Grupp und andere Unternehmer in der Lage sein werden, ihre Ansätze durchzusetzen und ob dies die Arbeitsmoral fördern oder eher zu Konflikten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern führen wird. Die Suche nach einem Ausgleich zwischen den Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern bleibt eine der größten Herausforderungen in der deutschen Arbeitswelt.
Um mehr über die sich entwickelnde Diskussion über Arbeitsmoral und Krankmeldungen zu erfahren, besuchen Sie Schwäbische.de, Unternehmer.de und StepStone.de.