
Die europäische Kaffeewirtschaft steht vor einer ernsten Herausforderung, da die Europäische Kommission erwägt, Strafzölle von bis zu 20 Prozent auf Kaffeeimporte aus Indien einzuführen. Diese Maßnahme ist eine Reaktion auf einen seit 2014 bestehenden Tarifkonflikt zwischen der EU und Indien in Bezug auf Produkte der Informations- und Kommunikationstechnologie, bei dem Indien Zölle auf ausgewählte Produkte erhoben hat. Laut Schätzungen der EU entgehen ihr durch diese indischen Zölle jährlich zwischen 58 und 93 Millionen Euro. Diese Entwicklung könnte weitreichende Auswirkungen auf die Preise für Kaffee in Deutschland haben.
Die möglichen Strafzölle haben bereits Entrüstung in der deutschen Kaffeewirtschaft ausgelöst. Holger Preibisch, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Kaffeeverbandes, äußert sich alarmiert zu der Situation und kritisiert die Verwendung von Lebensmitteln als Druckmittel in Zollkonflikten. Er sieht die Maßnahme als unethisch und warnt, dass die Zölle unmittelbare negative Folgen für die deutschen Verbraucher haben könnten, da Indien zu den zehn größten Kaffeeanbauern zählt und unterschiedliche Geschmacksnoten bietet, die nicht leicht austauschbar sind.
Preisanstieg und Nachhaltigkeit
Der Preis für Rohkaffee ist im vergangenen Jahr bereits um 70 Prozent gestiegen, was auf eine höhere Nachfrage als das Angebot zurückzuführen ist. Wetterextreme in Brasilien, Vietnam und Kolumbien haben in den letzten Monaten zu Missernten geführt, was die Preisentwicklung weiter belastet. Für das Jahr 2025 prognostizieren Experten eine weitere Preissteigerung von bis zu 30 Prozent für Großpackungen. In diesem Kontext könnte die Einführung von Strafzöllen die Nachhaltigkeitsbemühungen der Branche gefährden. Viele deutsche Unternehmen haben in den letzten 18 Monaten in nachhaltige Lieferketten investiert.
Die mögliche Erhebung der Zollgebühren könnte nicht nur die Preise für Kaffeetrinker in Deutschland erhöhen, sondern auch zu einem Zusammenbruch der Lieferketten für indischen Kaffee führen. Der Deutsche Kaffeeverband, der rund 380 Unternehmen in der Kaffee-Wertschöpfungskette vertritt, sieht die Integrität dieser durch die beabsichtigten Maßnahmen gefährdet. Die EU hat außerdem eine Klage gegen Indien bei der Welthandelsorganisation (WTO) eingereicht, da Indien sich zuvor zu einem Null-Zollsatz auf bestimmte Produkte verpflichtet hatte. Bislang konnte eine Beilegung des Konflikts bei der WTO nicht erreicht werden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die angedachten Strafzölle auf Kaffeeimporte aus Indien nicht nur die Marktpreise für Kaffee in Deutschland beeinflussen werden, sondern auch tiefgreifende Auswirkungen auf die gesamte Kaffeewirtschaft haben könnten. Es bleibt abzuwarten, wie die Entscheidung der Europäischen Kommission ausfallen wird und welche Schritte die Beteiligten als Nächstes unternehmen werden.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie bei Schwäbische, in einer Pressemitteilung des Deutschen Kaffeeverbandes sowie in einem Bericht der Europäischen Kommission.