
Eine Gruppe von Studierenden und Professor*innen der Hofstra University, einer privaten Universität in New York mit etwa 10.000 Studierenden, besuchte Bremen, unterstützt von der Constructor University. Dieses Austauschprogramm fand vor dem Hintergrund eines wachsenden Interesses an internationalen Gesundheitsmodellen statt. Die Woche in Deutschland sollte insbesondere dazu dienen, das deutsche Gesundheitswesen und den Sozialstaat kennenzulernen. Besondere Aufmerksamkeit erhielt dabei die solidarische Ausrichtung des deutschen Systems im Vergleich zum amerikanischen, was die Teilnehmenden bemerkenswert fanden.
Die Programmgestaltung umfasste Vorträge von renommierten Expert*innen, darunter Dr. Franziska Deutsch, Dr. Solveig Lena Hansen und Mattias Zündel, die verschiedene Aspekte des deutschen Gesundheitssystems beleuchteten. Magdalena Dieterle, Koordinatorin für Internationale Programme an der Constructor University, wies darauf hin, wie bedeutend Kurzzeitprogramme für Studierende sind, um Wissen über unterschiedliche Gesundheitssysteme zu erlangen.
Erkenntnisse und Diskussionen über das deutsche Gesundheitssystem
Während ihrer Studienreise hatten die Teilnehmenden nicht nur akademische Vorträge, sondern auch Gespräche mit Gesundheitsexpert*innen und Politikern wie Reiner Bensch von der CDU. Diese Begegnungen halfen dabei, tiefere Einblicke in die Herausforderungen zu gewinnen, mit denen das deutsche Gesundheitssystem konfrontiert ist. Dazu zählen unter anderem der Personalmangel und technologische Lücken. Aspekte wie die gesundheitlichen Chancenungleichheiten waren ebenfalls ein zentrales Thema, insbesondere in Bezug auf die wachsende Diskrepanz zwischen der Präventionsrhetorik und der praktischen Umsetzung im deutschen Gesundheitswesen.
Mit dem Ziel, gesundheitliche Chancenungleichheiten zu reduzieren, gewinnen Prävention und Gesundheitsförderung in der politischen Diskussion zunehmend an Bedeutung. Jedoch bleibt ein Widerspruch bestehen, da trotz angestrebter Verbesserungen viele strukturelle Defizite und Benachteiligungen nach wie vor existieren. Deutschland bietet generell guten Zugang zu medizinischen Versorgungseinrichtungen, allerdings gibt es beträchtliche Mängel, die die Chancengleichheit im Gesundheitsbereich beeinträchtigen können.
Vergleich mit anderen europäischen Gesundheitssystemen
Die beeindruckenden Unterschiede zwischen den Gesundheitssystemen lassen sich auch anhand von Zahlen verdeutlichen. In Deutschland geht jeder Bürger durchschnittlich knapp zehnmal jährlich zu einem Arzt, während es in anderen europäischen Ländern wie Frankreich nur 5,6 Besuche sind. Diese hohe Zahl könnte jedoch die tatsächlichen Kontaktzahlen unterschätzen, was auf tiefere strukturelle Herausforderungen hinweist. Die Anzahl der Krankenhauseinweisungen pro 1.000 Einwohner in Deutschland lag 2022 bei 213 – dies übersteigt den EU-Durchschnitt um 40% und erweist sich als Indikator für die hohe Inanspruchnahme von stationären Leistungen.
Dennoch zeigt Deutschland eine unterschiedliche Performance in bestimmten medizinischen Bereichen. Hohe Raten an Krankenhausbehandlungen sind vor allem bei chronischen Erkrankungen wie Diabetes und Herzinsuffizienz zu beobachten, die oft auch ambulant behandelt werden könnten. Diese Diskrepanz weist auf Lücken in der Primärversorgung hin. Die 30-Tage-Sterblichkeit nach Herzinfarkt liegt über dem EU-Durchschnitt, während die Mortalität nach Schlaganfällen besser ist als jene im europäischen Durchschnitt.
Insgesamt bietet die einwöchige Studienreise der Hofstra University nach Bremen nicht nur tiefgehende Erkenntnisse über das deutsche Gesundheitssystem, sondern zeigt auch die Herausforderungen auf, die eine Reform notwendig machen. Das Gleichgewicht zwischen einer umfangreichen medizinischen Versorgung und der tatsächlichen Qualität der Gesundheitsdienstleistungen bleibt im Fokus der international diskutierten Gesundheitsreformen.